von nungwi (sansibar) nach kyela (tansania, kurz vor malawi)

die hüfte von zimmer 12
nungwi, 22.1.2005
köpfchen in das wasser...
nungwi, 25.1.2005
sonnige tage in SwahiliWorld
nungwi, 26.1.2005
idylle hoch 10 tansania
nungwi, 27.1.2005
on the road again
stone town, 28.1.2005
malindi landungsbrücken
stone town, 29.1.2005
lustiges vespa-gestümper in sansibar
stone town, 30.1.2005
snapshot #5 (double snapshot)
stone town, 30.1.2005
ebony & ivory
daressalaam, 31.1.2005
im sambia-express
zwischen daressalaam und mbeya, 1.2.2005
no stop till kyela
kyela, 2.2.2005
coole sackgasse
kyela, 3.2.2005



Die Hüfte von Zimmer 12
Nungwi, 22.1.2005

Abgestumpft wie eine Krankenschwester nach langjähriger Tätigkeit bringe auch ich langsam kein Mitgefühl mehr auf. Ich gucke mir die Leute hier an, diagnostiziere eine Mentalthrombose und lasse sie dann mitten in ihrem Touri-Blabla einfach stehen. Sollen sie doch lieber andere Gehörgänge fluten. Bei mir gibts gerade nichts mehr zu holen. Zum einen, weil wir ohnehin bereits mutwillig unserer Barschaft entledigt wurden, und zum anderen ist mein  Goodwill-Pensum mittlerweile erhebllich überschritten ist. Es haben sich unterwegs schon zu viele daran bedient. Jetzt wird erstmal an mich gedacht und zwar volles Programm. Sansibar, here I come. Tür zu, die Afrikakophonie draussen lassen und Feierabend! Gutenachtschwester. nach Diktat verreist -dwo


Köpfchen in das Wasser...
Nungwi, 25.1.2005

Wir gehen schnorcheln und werden morgens wir mit einem Boot zum Atoll vor Mnemba Island gebracht. Diese Insel, ein Privat-Resort für Steinreiche, darf nur derjenige betreten, der pro Übernachtung 500 Dollar hinblättert. Alle durchschnittlich Begüterten dürfen allerdings vor ihrer Küste im seichten Wasser planschen.

Wir stürzen uns in die Fluten und finden uns wieder zwischen Myriaden von Fischen. Sie sind um, über und neben uns und kommen neugierig an uns heran. Ich fühle mich wie ein schwebendes Teilchen in einem Fisch-Mobilee. Unsere T-Shirts haben wir vorsorglich anbehalten, um einen Sonnenbrand auf dem Rücken zu vermeiden, die Pöter gucken allerdings ungeschützt aus dem Wasser, und das anderthalb Stunden lang.

Diese langanhaltende feuerrote Erinnerung auf unseren Sitzflächen spüren wir noch, als wir fünf Tage später auf der Fähre zum Festland sitzen, und wie! nach Diktat verreist -dwo


sonnige tage in SwahiliWorld
nungwi, 26.1.2005

der koch ist eingeschlafen. sein kopf liegt auf der tischkante, die bestickte kappe daneben. eben hat er noch in meinem economist geblättert. aber er ist schon wieder müde, vielleicht noch immer, es ist vormittag, noch hat niemand lunch bestellt. die restliche belegschaft des union beach ressorts döst im schatten zwischen den bäumen. draussen im meer sammeln frauen im seichten wasser der ebbe sardinen. ein fischerboot segelt in der ferne vorbei. frieden.

die idylle in nungwi ist perfekt und doch irgendwie verstörend. da ist zum beispiel dieses fitnessstudio eines italienischen edelressorts auf einem pier im meer, in dem übergewichtige europäer im angesicht des sonnenuntergangs auf laufbändern traben. masai rennen als strandwächter in ihren roten roben rum und haben ultracoole sonnenbrillen auf.

dazwischen fehlt etwas: etwas magisches, inspirierendes. die fischerboote am strand sind malerisch, ja, aber sie wirken wie eine dekoration, in der afrikanern nachempfundene roboter so tun, als ob sie fische fangen. nungwi ist so glatt wie "westworld", jener roboterbestückte ferienpark aus dem 70er-thriller mit yul brynner, in dem sich westler glückliche tage in einer 23-grad-welt kaufen können (das thermostat ist allerdings kaputt, es ist mindestens fünf grad zu heiss).

der reale nungwier ist anfang zwanzig und fischt höchstens noch nach guten deals mit touristen. morgens kommt er aus dem dorf in die kulisse der hütten und bungalows am strand und sagt ständig "karibu" (willkommen), aber es klingt wie "karibu, dollar". in seinen augen kann ich nichts entdecken ausser dem appetit auf das dollarland. das leben an der swahiliküste war gestern. er träumt davon, hip zu sein, abends mit den touristen in cholo's strandbar zu trinken. teil der ewigen party zu sein, für die die westler herkommen, weit weg von afrika, das irgendwo hinter dem meer, hinter dem horizont im westen liegt.

tag um tag vergeht, alle gleich schön und auch ein wenig belanglos, gedanken verebben am korallenriff. nachts heisst es "schöner träumen mit lariam" (dieser hammerchemikalie von einem malariamittel: ich lande in new york, um eine lederjacke zu kaufen, die ich schon habe, kann aber keine passenden schuhe finden...

morgens wache ich auf vom flapflap des ventilators und fühle mich seltsam benommen. draussen bahnt sich längst wieder die hitze der tropen an. ich bin grundlos beunruhigt in dieser perfekten SwahiliWorld, in der alle nur ihren spass haben wollen, die die welt vor mir verbirgt. auch die idylle nagt an mir, ich will endlich das afrika finden, das ryszard kapuscinski in "afrikanisches fieber" so grossartig beschrieb, das kurz im rift valley, im samburuland, aufschien und dann wieder verschwand. ich glaube, ich will hier wieder weg. -nbo


Idylle hoch 10 Tansania
Nungwi, 27.1.2005

Hier ist Dollar-Country und wenn überhaupt die Landeswährung akzeptiert wird, ist alles mindestens 10mal so teuer, wie auf dem Festland. Der alljährliche Urlaubstraum hat seinen Preis und das wissen die Sansibaris gut für sich zu nutzen. Die Insel hat sich kommplett dem Tourismus verschrieben, die Zukunft ist gesichert, dank TUi & Co. Die eigenen Traditionen wurden längst über Bord geworfen und dümpeln irgendwo im türkisblauen Wasser.

Fast wundert es mich, dass ich überhaupt nass werde, wenn ich ins Wasser gehe und nicht einfach nur ein Loch in der blauen Leinwand hinterlasse und mich am Set-Buffet wiederfinde neben verdutzen Beleuchtern und Bühenarbeitern. So gut, wie es die Natur mit dieser Insel gemeint hat, grenzt es schon an Unerträglichkeit. Kilometerlange feinste Sandstrände gesäumt mit Kokospalmen, türkisblauestes Wasser, ein vorgelagertes Riff. Verschwenderisch schön, zu schön für meinen Geschmack.

Wie bei einer Wackelpostkarte warte ich ständig darauf, dass das Blatt sich wendet und die Insel mir ihre getarnte Fratze zeigt. Trotz der übernatürlichen Schönheit kann ich mich hier nicht entspannen, zu gross ist mittlerweile das Misstrauen gegenüber den Einheimischen. Jeden Tag eine neue Horrorgeschicht von Diebstählen, Überfällen auf Touristen oder gefakten Trinkwasserflaschen. Die Inszenierung des Paradieses kann mich mal, ich will auf den Arm. nach Diktat verreist -dwo


on the road again
stone town, 28.1.2005

als wir heute morgen aufwachen, ist klar: die zeit in nungwi ist um. genug banana boat cocktails in willie's bar, genug dösende köche im union beach ressort. als wir zahlen, streiten wir noch kurz um zwei angeblich unbezahlte biere, die längst auf der abrechnung stehen, und freuen uns um so mehr, weiter zu ziehen. im staubig-schmuddeligen dorf hinter der strandkulisse steigen wir in ein dala-dala nach stone town. eine offene pritsche mit zwei notdürftig gepolsterten bänken. aber es gibt kühlenden fahrtwind, die einsteigenden dörfler grüssen uns mit einem "jambo" ohne dollar-gedanken, und als die palmen und mangobäume am strassenrand vorbeifliegen, fühlen wir uns "on the road again". SwahiliWorld fällt zurück, schön war's dort, keine frage, aber ein kraft-auftanken in einer zwischenwelt. -nbo


Malindi Landungsbrücken
Stone Town, 29.1.2005





Viele verwegene Geschichten spinnen sich um Stone Town, der "Hauptstadt" Sansibars. Und alle könnten wahr sein. Diese Stadt ist ein überdimensioniertes Piratennest mit unzähligen verwinkelten Gässchen und undurchdringlichen Gesichtern. Dazu die alten Bauwerke aus der Kolonialzeit, ein Schmelztiegel der arabischen, afrikanischen und europäischen Kulturen. Überall werden Kraueter und Gewürze feilgeboten und natürlich Fisch. Durch unser Güsthouse im Stadtteil Malindi, direkt am Hafen, weht der wohlbekannte Duft von Fischbuden, da wir fühlen wir uns Hamburg schon wieder ein Stückchen näher. nach Diktat verreist -dwo


lustiges vespa-gestümper in sansibar
stone town, 30.1.2005

mit 17 habe ich davon geträumt, eine vespa zu haben. 20 jahre später sitze ich zum ersten mal auf einer. und das geht fast in die hose. der typ vom motorradverleih erklärt mir kurz die gangschaltung und zeigt mir die ersatzzündkerze. wie? woher weiss ich, wo dieses teil hinkommt, wenn der motor seinen geist aufgibt? ich sitze zum viertel mal im leben auf einem moped, und die hatten alle automatik.

die ersten vier startversuche würge ich alle ab, unter allgemeinem gelächter der umstehenden sansibares. woldo lässt sich davon nicht erschüttern. dann zockeln wir im ersten gang wie eine schildkröte los. an der ampel kurz vor unserem güsthouse - wir haben die sonnenbrillen vergessen - säuft das gerät zweimal ab, als die ampel auf grün springt. das wird ja lustig.

mit 20 kmh schleichen wir aus der stadt. es dauert keine fünf minuten, da winkt uns der erste polizist an den strassenrand. ich versuch mit der handbremse am lenker das ding zum stehen zu bringen. blöde idee, denn auf der seite ist auch der gaszug, und die vespa macht einen satz wie ein wildgewordener bulle, anstatt zu stoppen. 20 meter weiter halten wir dann irgendwie.

"careless driver, careless driver", sagt der bulle in seiner strahlend weissen uniform, und ich sehe schon die dollarzeichen in seinen augen aufblitzen. wir ergehen uns in blumigen erklärungen, aber ich muss leider zugeben, dass ich keine ahnung hatte, dass diese kleine schwarze pedale da unten die fussbremse ist.

immerhin sind unsere papiere alle in ordnung. dann muss ich unter den strengen augen des polizisten probebremsen. es klappt, und wir schwören stein und bein, die vorsichtigsten fahrer überhaupt zu sein. fast habe ich am ende den eindruck, als könne sich der mann das lachen nur mühsam verkneifen. und tatsächlich wünscht er uns eine gute und sichere(!) fahrt.

zehn kilometer ausserhalb von stone town meistere ich dann den zweiten und den dritten gang. mit 50 kmh knattern wir jetzt durch eine prallgrüne gartenlandschaft. wir werdern noch dreimal rausgewunken. denn jeder bulle hier hofft, dass er einen mzungu findet, der seinen internationalen führerschein nicht mit hat. das bringt schliesslich das extracash zum mageren gehalt. aber da inzwischen auch das bremsen klappt, kommen wir immer durch.

als wir am spätnachmittag von der ostküste zurückkehren, hat sich alles entspannt. zwei polizisten auf dem nachhauseweg winken uns freundlich zu und wir winken zurück. die insel hat feierabend, die strassenhändler und bauern schlendern in ihre dörfer zurück. zum ersten mal ist sansibar einfach nur friedlich und echt.

als wir schon wieder in stone town sind, werden wir ein letztes mal rausgewunken. "woher kommen sie?", fragt der weissgekleidete. "aus paje", antworten wir wahrheitsgemäss, das ist der ort an der ostküste. "wie viele jahre sind sie schon in sansibar?" "was?" "wie viele jahre?" fragt er noch mal. "8 tage", sagen wir, und dann müssen wir alle lachen. er hatte eigentlich nur "from germany" hören wollen. -nbo


snapshot #5 (double snapshot)
stone town, 30.1.2005





noch 30 minuten bis sonnenuntergang. auf der terrasse des africa house, des ehemaligen british club von sansibar, ist der bär los. 300 meist gestylte leiber lümmeln sich in schweren barsesseln, stehen am terrassengeländer, reden, schreien, lachen. alle stürzen bier oder cocktails hinunter. sehen und gesehen werden, fleischbeschau, es ist wie eine mischung aus bar rossi und strandperle (für die nichthamburger: eine schickibar und "das" strandcafe an der elbe). nach monaten on the road im nahen osten und in ostafrika ist das fast ein kulturschock. überflüssig zu erwähnen, dass sich ausser den kellnern kein sansibari in diesem sundowner-gelage tummelt. es ist der neue tourismus-kolonialismus, mit dollarscheinen in der hand, der die britischen kolonialherren von einst beerbt hat.

szenenwechsel, 500 meter entfernt, 30 minuten nach sonnenuntergang: die forodhani-gärten an der uferpromenade von stone town. zwanzig garküchen bieten alles, was der indische ozean an leckerem herzugeben hat. riesige krebse, hummer, fische in allen grössen... sansibaris bummeln mit kind und kegel an den ständen entlang, es ist wochenende, zeit zum flanieren unter den ausladenden bäumen des gartens. wir setzen uns mit einer "zanzibar pizza" (ei, zwiebeln, hackfleisch in einer teigtasche frittiert) und tintenfisch  an einen der plastiktische. ein älterer sansibari spricht uns an und wundert sich, dass wir von den bevorstehenden wahlen gehört haben. seit wann interessieren sich touristen für politik? wir fragen ihn nach dem tourismus und der kriminalität. der schurke kommt vom festland, stellt sich heraus. "die" tansanier seien es, die hier in stone town touristen überfallen und an den stränden das grosse geld machen. die dörfler würden selten zum zuge, wenn die inselregierung konzessionen für neue ressorts vergebe. das klingt nicht sehr begeistert. all is not well in zanzibar. -nbo


Ebony & Ivory
Daressalaam, 31.1.2005

Stickige Hitze schlägt uns entgegen, als wir in Daressalaam an Land gehen. Die nächtlichen Regengüsse haben die Stadt in eine dampfemde Sauna verwandelt. Jeder Schritt treibt mir das Wasser aus den Poren und hinterlässt dunkle Spuren auf meinen Klamotten. Ich schwitze nicht, nein, ich bin Schweiss. Nachts liege ich wach, die Luft klebt. Der Deckenventilator durchsäbelt die feuchte Hitze und lässt und lässt dicke Scheiben auf uns runterklatschen.

In mir dreht sich alles, meine Gedanken zentrifugieren unter meiner Schädeldecke, während ich versuche, meine bisherigen Eindrücke von Afrika zu sortieren. Doch alles ist überladen und schwammig, die Luft, die Nacht, meine Gehirn. Draussen tobt wieder ein Sturm, der Regen prasselt auf die benachbarten Metalldächer, die Vögel in ihren Käfigen auf den Balkonen kreischen hysterisch.

Fragen rauschen mir durch den Kopf, während ich auf die kreisenden Rotorblätter starre und die  Unordnung immer grösser wird. Was habe ich mir von dieser Reise versprochen, ein klareres Bild über diesen Kontinent, Erkenntnis oder einfach bloss eine Erfahrung? Hier in diesem Teil des afrikanischen Kontinents passt nichts zueinander.

Solange Weisse hierherkommen, sind diese per se immer an allem Schuld. Und solange in Afrika die Kinder schwarz geboren werden, wird die Hautfarbe als Generalentschuldigung benutzt, für alles, weil es so schön praktisch ist. Womit sie dann auf der Benachteiligungsskala ihrer Meinung nach ganz oben stehen.

Ich frage mich, was wir hier eigentlich zu suchen haben. Ich komme mir hier ohnehin eher wie ein ungebetener Eindringling vor, denn als ein willkommener Gast. Was würde mit Afrika passieren, wenn sie die Türen zum Westen für die nächsten 10 Jahre dichtmachen, um erstmal mit sich ins Reine zu kommen, ungeachtet der westlichen Massstäbe. Ist es dafür vielleicht schon zu spät?

Der allgegenwärtige Rassismus in diesem Teil des Kontinents richtet sich allerdings nicht nur gegen die weisse Übermacht, selbst innerhalb der einzelnen Länder sind sich die Stämme gegenseitig nicht grün. In Äthiopien können sich die achtzig verschiedenen Stämme nicht als gemeinsames Volk fühlen, in Kenia schlachten sie sich gar gegenseitig ab.

In Tansania hat man sich darauf geeinigt, das gesamte Land dem Tourismus zum Fressen hinzuwerfen. Das bringt Ruhe in die 120 Stämme, weil so jeder etwas abkriegen kann. Political correctness wird hier jedenfalls nicht praktiziert und wirkt als westlichen Verständigungskonstrukt auch deplaziert.

Nach 15.000 Kilometern, Sonnenbränden und Mückenstichen, die nicht mehr auf einen einzigen Körper passen, bin ich keinen Zentimeter weitergekommen in meinem Wunsch, Afrika besser zu verstehen. Aber wahrscheinlich kann das auch nur, wer hier geboren wurde. Und zwar schwarz. nach Diktat verreist -dwo


im sambia-express
zwischen daressalaam und mbeya, 1.2.2005





die halle der tazara railway station in daressalaam erinnert eher an ein flughafen-terminal. ein riesiger wuchtiger bau, vor dem die taxis über eine rampe auf der abfahrtsebene vorfahren. wir haben erste klasse gebucht und werden gleich in die lounge komplimentiert. schwarze ledersessel, livrierte kellner mit fliege. augenblicklich verfällt jeder in diesen diskreten flüsterton.

auf dem makellos sauberen bahnsteig wird noch der zug startklar gemacht. einer von fünf zügen, die hier in der woche abfahren. mehr passiert auf diesem überdimensionierten bahnhof nicht. wie auf ein unsichtbares zeichen hin springen plötzlich alle auf und dann eilen hunderte aus der halle auf den bahnsteig.

woldo und ich haben zwei plätze in zwei verschiedenen waggons bekommen. getrennt nach männern und frauen. kann das wahr sein? ich rede auf eine schaffnerin ein, wir würden gerne einen platz tauschen. kommt überhaupt nicht in frage, sagt die frau, es sei denn, sie mieten ein ganzes abteil (und zahlen noch mal zwei tickets). der ton erinnert mich schwer an alte reichsbahnzeiten im berlinzug durch die DDR. aus den lautsprechern in den abteilen plärrt inzwischen eine brüllend laute ansage.

ein sambier schimpft auf tansania. "alles chinesischer mist." der zug ist tatsächlich in china gebaut, und die sambia-linie stammt noch aus den zeiten des tansanischen sozialismus-experiments. dann finden wir einen engländer, der kurzerhand seinen platz mit uns tauscht.

wir holen tief luft und lassen uns in eins der sofas in der bordbar fallen. ja, richtige sofas, gar nicht so schlecht, der chinesische mist. die fenster sind geöffnet, das castle lager ist kühl und läuft gut, während draussen eine tropische landschaft vorbeirauscht. da, eine giraffe knabbert an einem baum neben dem bahndamm, und da, gleich fünf giraffen.

wir rauchen eine zigarette an der offenen tür und sehen paviane im gras neben den gleisen sitzen. zum ersten mal seit luxor in ägypten wieder in einem zug, es ist grossartig, noch ein castle, und noch ein schnack mit anderen travellern. abends gibt es fisch und reis, serviert von übellaunigen kellnern, und durchs fenster dringt das lärmen von fröschen und insekten aus der nacht herein. das reisefieber hat uns wieder gepackt. -nbo


No stop till Kyela
kyela, 2.2.2005

Nicht, dass hier etwa alle lügen würden. Nein, sie drehen sich die Wahrheit bloss ständig so zurecht, wie sie sie gerade brauchen können und erzählen dir, was du gerade hören möchtest. Der Non-Stop-Expressbus von Mbeya nach Kyela erweist sich dann auch mal wieder als ein ausgelutschter, zerjuckelter Minibus, der gnadenlos mit Frachtgut und Passagieren vollgestopft wird. "Oh no, just three stops!" hatte uns der Ticketverkäufer vorher noch vielversprechend zugegrinst.

Wer's glaubt, wird selig! So halten wir dann auch an jedem Bastkörbchen am Strassenrand, um es samt Besitzer in die überfüllte Chaise reinzuquetschen. Nach dem dritten Halt hätte es dann ja wie angekündigt non-stop weitergehen sollen. Aber Pustekuchen. Nach dem zehnten Ein- und Auslademanöver am Strassenrand tü ich meine Verwunderung kund. Ich schnappe mir den vermeintlichen Geldeintreiber des Busses und erkläre ihm unmissverständlich: "No more stops, otherwise I get money back!" Mal gucken, was es bringt.

Natürlich überhaupt nichts. Denn beim nächsten Stopp steigt mein Gesprächspartner dann aus, winkt mir nochmal freundlich zu und ich stelle fest, dass ich einen Passagier zugetextet hatte. Na, macht auch nichts, hauptsache ich bin's mal losgeworden. Ich drehe mich um und Niels, Dawn und James grinsen sich eins ins Fäustchen. Sie haben es wohl schon vorher gewusst. nach Diktat verreist -dwo


coole sackgasse
kyela, 3.2.2005

nach 20 stunden im zug und drei im fucking minibus kommen wir in kyela an. der letzte ort vor malawi, am nordzipfel des malawisees. staubig, laut, unerheblich, schreibt der rough guide. von wegen. in der haupstrasse am markt dröhnt afrikanischer pop aus den boxen des musikladens, die leute sind freundlich und hilfsbereit, kein jambo-gequatsche mit anschließendem verkaufsgespräch. tansania, wie es wirklich ist, ganz bei sich. kinder winken und lachen, als wir zu viert mit james und dawn durch den ort tapern, um fahrkarten für die fähre zu suchen. die soll morgen früh fünf kilometer von hier ablegen, richtung mbamba bay und nkhata bay. irgendwann landen wir schliesslich im tourist office, und was hören wir da? "die fähre ist seit einer woche ausgefallen", sagt der manager.in drei, vier wochen fahre sie wieder.

dann trinken wir eben ein bier auf der veranda unseres hotels und schauen dem treiben zu. zum ersten mal sind wir gestrandet und können nicht so weiterfahren, wie gedacht. als wir im bett liegen, läuft im hinterhof country music, telly savalas, kein witz. am nächsten morgen gehen mit sonnenaufgang die boxen auf der strasse wieder an. diesmal läuft hiphop. von wegen hinterland. das war eine coole sackgasse. -nbo


nächste etappe:von kyela nach tofo (mosambik)
chronik

etappen
hamburg – istanbul
istanbul – dahab
dahab – wadi halfa
wadi halfa – addis
addis – nairobi
nairobi – nungwi
nungwi – kyela
kyela – tofo
tofo – kapstadt

gedanken
was ist reisen?
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