durch mosambik

galao in tete
14.2.2005
veilchen ohne schlägerei
vilanculo, 16.2.2005
planet mozambique
vilanculo, 16.2.2005
vaffanculo vilanculo
tofo, 17.2.2005
entspannte tage in BambooziWorld
tofo, 23.2.2005
das grosse grinsentofo, 24.2.2005
24 stunden mit einer diva
maputo, 27.2.2005
highway to hell
maputo, 27.2.2005



ostafrika-schnipsel
14.2.2005

fangen wir mal nicht mit bier und zigaretten an. bleiben wir beim saft. kaum hatten wir die grenze zwischen kenia und äthiopien überquert, war's vorbei mit dem orangensaft. von kenia bis bis malawi gab es keine orangen mehr. nur mango, ananas und passionsfrucht. nicht ganz unsere geschmacksrichtung. da ist man in den tropen, und es gibt keine orangen. wahrscheinlich nur unsere unwissenheit, überall orangen zu vermuten. aber sie waren einfach weg.

ebenso der kaffee. in kenia und tansania tauchen sie teebeutel in warme milch. das war's. kaffee? haben wir nicht. au backe. tee mit milch. dabei wird in kenia und tansania kaffee angebaut. aber, wie uns ein italiener in stone town sagte, dort verstehen sie nichts vom kaffee rösten. stattdessen nur instant-kaffee (marke "africafé"). fürchterliche plörre.

ja, aber nun doch zum wichtigsten: bier und zigaretten. da sieht alles gleich viel freundlicher aus. zigaretten - ein paradies für raucher: im sudan schlotet man "bringi" im 10er-päckchen für 200 dinar (60 cent), in äthiopien kostet die 20er-packung "nyala" 3 bis 4 birr (25 - 35 cent), in kenia gibt es 20 "superman" für 40 bis 60 shilling (40 - 60 cent), in tansania haben wir 800 bis 1000 shilling (55 - 70 cent) hingelegt, und in malawi waren es 40 bis 80 kwacha (35 - 70 cent) für eine packung "ascot" oder "embassy". und das bier: im sudan natürlich fehlanzeige. in äthiopien gibt es leckeres "dashen", die flasche für 10 birr (knapp 1 euro), in kenia ist "tusker" für 80 bis 100 shilling (80 cent - 1 euro) nicht zu verachten, in tansania zischt "safari "für 1000 bis 1500 shilling (70 cent - 1 euro) am besten, in malawi gibt es "carlsberg green" für 50 bis 90 kwacha (40 - 75 cent).

wer in ostafrika in einem 40 grad heissen bus drei stunden mit der nase in der achselhöhle des nachbarn auf dem gang gestanden hat, hört das wort "sweatshop" mit anderen ohren. diese kapitalistische ausbeutung ist an sich schlimm genug, aber in afrika muss es unerträglich sein.

autofahren muss man nicht in der fahrschule lernen, macht in ostafrika auch bestimmt keiner. aber so fahren sie dann auch. wer zu früh schaltet, ist uncool. der berg wird im dritten gang genommen, bis der wagen fast steht. und wenn's bergab geht, schaltet man runter, damit man noch mal so richtig schön den schwung für die nächste steigung abwürgt.

flüstern ist in ostafrika nicht nur unbekannt, sondern wohl auch unmöglich. die lokalen sprachen werden immer lautstark artikuliert, auch morgens um vier, wenn alle nachbarn noch schlafen. diskutieren heisst automatisch schreien. da ist an schlaf nicht zu denken.

müll wegbringen funktioniert nach dem prinzip "ich mach die augen zu, dann sieht mich keiner". in nkhata bay wurde er von den gärtnern direkt neben unsere hütte gekippt, weil da so schöne bullige felsen waren. die gärtner konnten ihn dann nicht mehr sehen, aber wir um so mehr, und noch viel mehr riechen. als wir uns beschwerten, schauten sie uns nur ratlos an. ach, diese mzungu.

die gummi-schlappen aus recycelten autoreifen, die wir zum ersten mal in addis auf dem mercato gesehen haben, werden bis unten in arusha und serengeti getragen. hemingway hat schon 1935 in "green hills of africa" diese schlaue schuhmode erwähnt. so alt ist diese idee schon. klasse.

die restliche mode in ostafrika ist weniger erbaulich. wer nicht traditionelle kleidung trägt (männer fast nie mehr), rennt mit klamotten aus der altkleidersammlung des roten kreuzes herum. das trendpolentum in st. pauli, möglichst schlecht angezogen zu sein (blaue skijacke, graue anzughose und kackbraune turnschuhe zum beispiel), kann da nicht mithalten. wann sind die männer auf die idee gekommen, dass ihre traditionellen sachen schlecht aussehen? da lob ich mir die samburu oder massai mit ihren togen oder wickelröcken.

wer in malawi avocados gekauft hat, will nie wieder eine beim obstmann um die ecke erstehen. dort gibt es riesengeräte für umgerechnet 5 cent, während bei uns winzige verschrumpelte grüne eier rumliegen, die 1 euro kosten, im ökosupermarkt sogar 1,60.

last but not least ein blick in den zeitungsständer: im sudan gibt's unter anderem den dünnen täglichen "sudan monitor", der die pfoten schwärzt; in äthiopien überrascht eine wochenzeitung namens "capital" mit kapitalismuskritischen analysen; in kenia können wir täglich "the standard" oder "the nation" lesen, beides ein mässiger genuss; schon etwas besser informiert ist man in tansania mit dem "guardian", der auch denselben schriftzug wie sein englischer namensvetter hat, es gibt eine eigene sektion "world & business news", in der einiges drin steht; die malawischen "mail" und "nation" sind hingegen wieder recht schmalbrüstige tageszeitungen. absolut lesenswert ist dagegen die wochenzeitung "the east african", die in kenia, tansania und uganda verkauft wird. da erfährt man mehr als nur crime-stories und politiker-skandale. lesen!



galao in tete
14.2.2005

ein heisses und trostloses nest sei tete, eine provinzhauptstadt in mosambik, steht im lonely planet, dem hitchhikers guide to planet earth. aber er irrt sich: der ort ist gar nicht trostlos. im gegenteil, ein hauch von schulterblatt weht durch die hauptgeschäftsstrasse: eine ähnlich verramschte auslage in den schaufenstern und im cafe gibt es galao, portugiesische törtchen und schinken-käse-toast (für die nichthamburger: das schulterblatt ist die hauptstrasse des schanzenviertels mit diversen portugiesen). hamburg kommt näher.

ja, und ostafrika liegt hinter uns, denn hier in dieser ersten mosambikanischen stadt hinter der malawischen grenze fühlt sich alles anders an. die frauen sind schicker, die autos dicker, die strassen breiter und gefegter, die männer gepflegter. das bier kommt in 550-ml-flaschen. in der mitte des ortes spannt sich eine riesenbrücke über den sambesi, die letzte brücke bis zur mündung am indischen ozean.

englisch ist ebenfalls passe, hier schnattern alle in portugiesisch und wir müssen erst mal im kopf kramen, was wir an spanischen wörtern und portugiesischen fetzen noch drauf haben. das einzige, was uns nicht ganz so begeistert, sind die busse: die fahren nämlich wie in äthiopien wieder "de noite", nachts zwischen 4 und 5 uhr ab. muito früh und ohne galao. morgen quälen wir uns dann also aus dem bett richtung küste. até mais tarde.


veilchen ohne schlägerei
vilanculo, 16.2.2005





als ich vor einigen tagen aufwache, habe ich diesen seltsamen schmerz unter dem linken auge. wenn ich's nicht besser wüsste, würde ich glauben, mir hätte jemand am vorabend eins aufs jochbein gegeben. aber da ist nichts zu sehen - noch nicht.

als ich am nächsten morgen aufwache, hat sich mein linker tränensack mächtig aufgepumpt. eine rote schleifspur zieht sich darüber. kann das... diese blöde chilischote gewesen sein? klein, grün und so höllenscharf, dass ich schluckauf bekam, hatte ich sie mir über meinem reis zerkrümelt. den anschliessenden schwitzanfall im gesicht kurz mit der hand weggewischt. kann chili solche folgen haben?

als ich am folgenden morgen aufwache, ist die antwort: und wie! aus dem aufgepumpten tränensack ist eine einzige brandblase, ja ein stattliches veilchen geworden, und über das linke auge hat sich von nasenwurzel kommend eine hautfalte gelegt. im spiegel starrt mich ein "elefantenauge" (o-ton woldo) an, himmel, was geht hier vor? kleine eiterpusteln leuchten jetzt auf der tränensackblase. mein sichtfeld auf dem linken auge ist halbiert, und bei jeder grimasse spannt die haut.

als ich am nächsten morgen aufwache, kann woldo das elend nicht mehr mit ansehen und organisiert einen eisbeutel. den halte ich mir aufs auge, während wir zur grenze fahren, und woldo erklärt irritierten malawierinnen im bus, das sie mich nicht geschlagen habe. nach einer stunde ist zumindest das elefantenauge verschwunden. zurück bleibt ein riesiger roter schorfring, der mir prompt scherereien macht (s."planet mozambique").

heute, fünf tage später, ist mein auge das chiliveilchen endlich losgeworden, und woldo freut sich über die rosarote "kleine haut", mit der sich mein tränensack verjüngt hat. -nbo


planet mozambique
vilanculo, 16.2.2005





das meer, das meer, die weite des ozeans. da wollen wir hin, nach vilanculo, es soll grossartig dort sein, und dafür ertragen wir wieder einmal stundenlange busfahrten durch endlose savannen. schleichen morgens um vier durch die kühle der nacht, um einen sitzplatz in ausgebuchten bussen zu ergattern, die wie in äthiopien mitten in der nacht losfahren. schwitzen schon bald nach sonnenaufgang und schütteln uns beim nächsten schlagloch.

kilometer um kilometer durch grüne wände aus bäumen und sträuchern, keine orte weit und breit, davon gibt es in mosambik offenbar nicht viele. "wählt gegen die mörder von der renamo", schreit ein politgrafitti, als wir schliesslich doch eine stadt erreichen, chimoio. breite alleen, ein riesiger rechteckiger platz, ein kreisel mit einem betonmonument in form eines fünfzackigen sterns, es riecht förmlich nach sozialismus, ja nach kuba. so mediterran-romanisch nach tausenden kilometern durch ex-empire-kolonien.

auf den dächern prangen riesige alte neonreklamen für bier und batterien, wie man es aus lissabon oder madrid kennt. in den cafes gibt es delta-kaffee und gezapftes bier. die kellner tragen fliegen, die hotelmenschen sind wie aus dem ei gepellt.

in der pensao flor de vouga bekommen wir kein zimmer, weil ich mit chiliveilchen ums auge und dem schwarzen piratentuch zu wüst für diese romanische eleganz sein muss. in der residencial flor de vouga ein paar meter weiter mustert mich die alte portugiesin unbehaglich von oben bis unten und lässt mich erst nach kurzem zögern ein zimmer begutachten. dann treffen wir ein weiteres sozialismusrelikt am billardtisch einer kneipe.

pedro dove spricht mich auf deutsch an, weil keiner ein wort versteht, als ich auf portugiesisch zwei tosta mista zu bestellen versuche. 1988 war pedro für drei monate in dresden, im bruderstaat DDR. damals als frelimo und renamo noch jenen bürgerkrieg führten, der die stolpernden minenopfer in den strassen von heute hervorgebracht hat. drei monate hat er sich im wesentlichen von bier ernährt, und es sei sehr kalt gewesen. theatralisch beschreibt er, wie viel kleidungsstücke er sich damals anzog.
in drei jahren ist seine tochter volljährig. "dann kann ich mich entspannt zurücklehnen, dann muss sie sie selbst das leben meistern." jetzt muss er noch gute geschäfte mit billardtischen und queüs machen. ein 24-jähriger barbesitzer in tete bezahle in jedes mal cash in dollar, der habe so viel geld, es sei unglaublich. das neue mosambik.

auch der fahrer unseres nächsten busses, zu dem pedro uns bringt, ist in der DDR gewesen. "leipzig" sagt er grinsend. da muss ihm preussische pünktlichkeit in die knochen gefahren sein. als morgens um vier noch nicht alle passagiere im bus sitzen, einige noch gemächlich ihre koffer über den bürgersteig ziehen, regt er sich höllisch auf. "bleibt zuhause", flucht er, "ich habe doch nicht umsonst ins fenster geschrieben, dass dieser bus um vier abfährt. um vier!" von wegen this is africa. here is planet mozambique.

hier ist alles anders als in ostafrika. zum ersten mal seit äthiopien werden wir auch wieder von einem einheimischen zu einem bier eingeladen, nach all den drinks, die wir unseren "schatten" in tansania spendiert haben. ricardo julio langa, geologe und bei der staatlichen wohnungsbaugesellschaft beschäftigt, kennt sich überraschend gut mit deutschem fussball aus. rummenigge, andi möller, littbarski, da kann beckham glatt einpacken. das liegt daran, dass er seine fussballleidenschaft bei der WM 82 in spanien entdeckte. im finale 2002 gegen brasilien sei er auch für die deutschen gewesen. dann wären beide länder mit je vier titeln gleichauf, sagt er. wow. dann kommt eine weitere runde, obwohl uns das bier schon zu den ohren rauskommt.

ricardo ist zufrieden mit dem fortschritt in mosambik. es herrsche frieden und es gehe langsam bergauf. obwohl europa natürlich noch viel, viel besser zum leben sei. na prost, dann fährt er mit seinem kumpel in einem pickup der wohnungsbaugesellschaft davon. uns schwirrt der kopf, in sechs stunden müssen wir schon wieder aufstehen, mit dem bus durch grüne wände rasen, denn wir wollen ja ans meer... -nbo


vaffanculo vilanculo
tofo, 17.2.2005

es ist brüllheiss, als wir nach drei tagen endlich das meer erreichen. vilanculo. das klang so verheissungsvoll. aber es ist nicht schön dort. der strand zu schmal, die wenigen backpacker absurd teuer, die ebbe zu heftig - man kann hunderte meter rauslaufen, fast bis zum riff, ausgerechnet nachmittags -, und die dörfler fangen schon wieder an zu bescheissen. sind wir nicht gestern abend in chimoio noch von ricardo zu einem bier eingeladen worden?

vilanculo ist bereits im tourismus angekommen, wenn auch noch nicht so heftig wie sansibar. aber es ist verloren. also weiter. und so sitzen wir heute morgen wieder im bus, halb fliehend, halb weiterziehend. in maxixe steigen wir auf eine fähre um, die uns über den meeresarm hinüber nach inhambane bringt. und als wir dort nach einer bank suchen, fragt uns plötzlich ein mosambikaner: "bamboozi?" klick.

"bist du von der bamboozi-lodge in tofo?" das ist der backpacker am tofo beach, 20 kilometer entfernt, zu dem wir wollen. dann taucht noch ein rothaariger, bärtiger südafrikaner auf, der gerade ein paar zutaten für die küche kauft. wir klettern auf den pickup, nicht ohne noch eine stange grande-turismo-zigaretten gekauft zu haben. als wir eine halbe stunde später auf der barterasse des bamboozi stehen, haut's uns lang hin.

this is The Beach - jedenfalls fürs östliche afrika. eine weite bucht mit breitem strand und mächtiger brandung, eingefasst von hohen dünen und palmenhainen. die bar ist knallvoll, es herrscht eine stimmung wie sonntags im sommer an der elbe, schnell ein bier, und mucki, der liebenswerte kölner hinter dem tresen, lacht uns an, als wären wir alte bekannte. nach ein paar stunden kennen wir die hälfte aller traveller, im hintergrund läuft bester hiphop, das essen, mosambikanisches krabencurry, ist phantastisch, ein paar leute tänzeln vor der bar auf und ab. redet da noch einer von sansibar? -nbo


entspannte tage in BambooziWorld
tofo, 23.2.2005





die brandung kracht rechts von mir an den strand, dumpfe beats treiben links von mir aus der bamboozi-bar, oben über den dünen, heran. ein tropisches ennui liegt über diesem ort, an dem europas travellergeneration eine auszeit nimmt. tagsüber tauchen, abends trinken, rauchen, geschichten erzählen, grooven (ja, unsere ska-CD mit "I want justice" ist hier ein grosser renner geworden).

amerikaner gibt es hier nicht mehr. seit 9/11 bleiben sie offenbar zuhause, sehen sich nicht mehr um, während die europäer unverdrossen ausschwärmen. abends sitzen wir am strandfeuer, engländer, deutsche, schweizer, franzosen, belgier, spanier, und es ist kaum zu glauben, dass sich unsere grosseltern vor 60 jahren noch kugeln und granaten um die köpfe jagten.

wir seien die erste kindergartengeneration, sagt bo, der schwede mit der trendglatze, der schon 47 ist. der kindergarten habe uns dazu konditioniert, die gruppe zu suchen, um das ewige spielen fortzusetzen. am strand von koh phangan, goa, mykonos oder eben hier in tofo. die tage gehen dahin in dieser spielwelt, die nichts mehr zu sein vorgibt ausser dem reinen spass.

die einheimischen sind in den küchen verschwunden, in den palmengärten der ressorts und backpacker. sie nehmen nicht mehr teil wie noch in ostafrika. südafrika ist nahe, man fühlt den wechsel, das erbe der apartheid sickert über die grenze und trennt weisse spassvögel und schwarze bauern. niemand nimmt notiz davon, weil es allen so gut geht. wer liest, schmökert airport novels wie den zur zeit unvermeidlichen "da vinci code". es gibt nichts mehr, mit dem ich noch ringen und hadern müsste. afrika ist zünde, hier in BambooziWorld, und ich bin nicht einmal traurig darüber. -nbo


Das grosse Grinsen
Tofo, 24.2.2005

Ich lasse mich rückwärts vom Schlauchboot ins Wasser fallen und schaue in das breiteste Grinsen der Welt, anderthalb Meter von einem Knopfauge zum anderen. Ich traue meinen Augen nicht, auf Armlänge vor mir schiebt sich ein Walhai, der grösste Fisch des Planeten majestetisch durch das Wasser.

Zahnlos wie ein alter Opi macht mir dieses sieben Meter lange Exemplar nicht die geringste Angst. Im Gegenteil, seine Ruhe und Friedfertigkeit springt auf mich über und wir grinsen um die Wette. Dieses tonnenschwere Supermodell meint es heute besonders gut mit uns, er wirft sich in Pose und zeigt sich von seinen besten Seiten. Richtig eitel, dieses Kerlchen. Und er macht sich einen Spass daraus, eine halbe Stunde lang mit uns Schnorchlern zu spielen. Für einen Fisch doch eher ungewöhnlich.

Mein weisses T-Shirt gefällt ihm offensichtlich besonders gut, denn als ich etwas von der Schorchlermeute zurückbleibe, um ihn mir in voller Länge anzusehen, macht er eine behäbige Wende und kommt direkt auf mich zu. „Bloss nicht anfassen!“ hat man uns vorher noch gesagt, aber wie soll ich das denn machen, dieser Koloss schwimmt ja geradezu auf mich drauf, ausweichen zwecklos. Ich schwimme ein Stückchen auf Augenhöhe neben ihm her, fast kommt es mir vor, als würden wir uns angucken und uns was erzählen.

Dann habe ich genug, schöner kanns nicht mehr werden und klettere wieder ins Boot zurück, die anderen turnen weiter im Wasser herum. Und dann kommt dieser Riesenfisch doch tatsächlich hinter mir her und hebt seinen Kopf aus dem Wasser, als wolle er mir sagen, dass ich doch wieder reinkommen soll um weiterzuspielen, Wahnsinn. Nach einer Weile sind dann auch die Unermüdlichen, darunter ein Apnötaucher aus Südafrika, der 4 Meter unter Wasser tollkühne Kunststückchen vor dem Hai vollbracht hat, glücklich und erschöpft wieder an Bord.

Und wieder kommt der kolossale Kopf aus dem Wasser, genau neben mir. Er will uns tschüss sagen, der Fisch. Ich winke ihm mit meinem grünen Kopftüchlein zu, bin sprachlos und habe eine Gänsehaut. Was für ein Erlebnis! nach Diktat verreist –dwo


24 stunden mit einer diva
maputo, 27.2.2005





maputo ist eine alternde diva, die nie ein star war. die das zeug zu etwas grossem hatte, sich aber auf schlechte gesellschaft einliess. heute sind die breiten alleen mit ihrem mediterranen flair heruntergekommen, kolonialgebäude und vom bauhaus inspierierte wohnblöcke vom monsun angefressen.

senhora maputo sieht am abend im funzligen, gelben schein sozialistischer laternen verlassen und traurig aus. obwohl wochenende ist, laufen nur wenige menschen durch die strassen. überall türmt sich müll auf, und auch die paar neuen bankentürme mit ihren neonschriftzügen können nicht über die melancholie hinwegtäuschen.

dabei hat die diva durchaus noch charme. aber er entpuppt sich spätestens dann als schal, als roger und ich - roger und sabrina sind zwei schweizer, die wir in tofo getroffen haben - noch auf ein bier in eine laute bar stolpern, sozusagen hinter den maputo landungsbrücken. wir sitzen noch keine zehn minuten am tresen, als plötzlich ein geschminktes gesicht rechts neben mir auftaucht und eine hand meinen rücken krault. "do you like me?" fragt die frau, die höchstens 20 sein kann und zwei freundinnen im schlepptau hat. die sind ganz offensichtlich auf fischzug, hier unten am hafen in der rua de bagamoyo. da trinken wir unser bier auf und flüchten.

die brut von jungspunden, mit der sich die diva maputo dieser tage umgibt, lernen wir am nächsten morgen kennen. genau genommen sabrina und roger. hautnah. als woldo und ich vom frühstück aus dem cafe continental zurück kommen, tritt ein nicht gerade heiterer roger aus dem hotelfahrstuhl. "wir sind gerade überfallen worden", sagt er. gleich um die ecke. wie? an einem samstag morgen in der belebten innenstadt?

eine gruppe von fünf, sechs jungen typen nahm roger und sabrina von hinten blitzartig in den würgegriff. roger verlor das bewusstsein, während sabrina noch versuchte "ajudo" (hilfe) zu rufen und dafür einen fausthieb ins gesicht bekam. dann filzten die räuber den rucksack der beiden und nahmen das bargeld aus dem portemonnaie, das sie gnädigerweise auf den bürgersteig warfen. und während roger wieder zu sich kam und sabrinas nase wie der teufel blutete, bildete sich ein auflauf von passanten um die beiden. sie alle hatten die szene verfolgt, ohne einzugreifen. einige strassenverkäufer boten der blutüberströmten sabrina sonnenbrillen und anderes unnütze zeug an, andere riefen hämisch "welcome to mozambique". die beiden männer an der hotelrezeption zeigten nicht den hauch von mitgefühl, als die beiden geschockt ins hotel wankten. was sagen sie dazu, senhora maputo? sind ihre genossen allesamt auf den hund gekommen?

am abend gehen woldo und ich in die africa bar, während sabrina und roger ihren schock wegschlafen. aber auch die band dort entpuppt sich als farce, als erinnerung an eine grosse vergangenheit, die es nie gegeben hat. garrido jr., der sänger, ist eine mischung aus barry white und mediterranem intellektuellen. ganz in schwarz gekleidet, mit grossen gesten. die musik ist ein kraftloses gemisch aus soulcoverversionen und brasilianischem pop, zu schmalzig, zu wenig jazz im blut. nach dem ersten set verlassen wir die seltsame szene. regen hat senhora maputo derweil durchnässt, aber sauberer ist sie dadurch nicht geworden. dieser schmuddeligen möchtegern-diva ist nicht zu helfen. welch trauriger endpunkt unseres ostafrika-pfades. -nbo


Highway to Hell
Maputo, 27.2.2005

Zwanzig Minuten warten wir auf ein Taxi. Was dann aber kommt, ist eher ein Krankentransport, der Fahrer der Patient mit riesiger Kopfwunde. Gleich einem Irokesenschnitt hat er ein mächtiges gepolstertes Pflaster auf seinem Schädel und kommt auf uns zugeschwankt, als wäre er total betrunken. Wir haben keine andere Wahl und steigen in sein Taxi, denn durch diese Gegend Maputos rund um unser Hotel geht man nachts um halb zwölf besser nicht zu Fuss, ausser man ist lebensmüde.

Bereits auf den ersten zehn Metern übersieht der narkotisierte Fahrer beim Abbiegen einen heranrasenden Mercedes, der es gerade noch schafft, mit quitschenden Reifen kurz vor uns zum Stehen zu kommen. Glück gehabt. Doch Fahrer und Wagen haben einen gehörigen Linksdrall, so dass wir immer um Haaresbreite an parkenden Autos vorbeischrammen. Vom Rücksitz brüllen wir auf den Untoten ein. „Don’t worry“ lallt es von vorne.

An der Kreuzung vor der Africa Bar rammt er noch beinahe einen fahrenden Polizeiwagen. Mit schlotternden Knien wie nach einer Achterbahnfahrt steigen wir aus. Diese kurze Strecke, wie von uns bis zur Reeperbahn hat uns bis jetzt die meisten Nerven gekostet. Sieben Minuten blanke Angst! nach Diktat verreist -dwo


chronik

etappen
hamburg – istanbul
istanbul – dahab
dahab – wadi halfa
wadi halfa – addis
addis – nairobi
nairobi – nungwi
nungwi – kyela
kyela – tofo
tofo – kapstadt

gedanken
was ist reisen?
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