ein paar tips zu tansania und malawi...
13.2.2005

tansania TRANSPORT die busse sind so unbequem wie ueberall, aber immerhin gibt es zwei bahnlinien, von daressalaam (kurz: dar) nach sambia, also richtung suedwesten, und richtung westen, gabelt sich zum victoriasee und zum tanganyikasee. SANSIBAR-UEBERFAHRTEN von dar nach stone town kostet die schnelle faehre 35 dollar. eine schoene ueberfahrt ist das nicht. von der kueste kann man aber in den hafenstaedten bagamoyo, pangani und tanga passagen auf dhaus nach sansibar bekommen (sowohl motorisierte als auch reine segler). von pangani laesst sich das einfach organisieren: iddi mohammed vermittelt an die bootskapitaene, pro woche legen vielleicht drei, vier ab. je nach anzahl der passagiere kostet die ueberfahrt 10 bis 15 dollar (darin ist iddis provision enthalten) und dauert je nach windstaerke 3 bis 10 stunden. ziel ist der strand von nungwi am nordzipfel von sansibar (eigentlich muesste es heissen "der hauptinsel von sansibar", denn die heisst eigentlich unguja und bildet erst mit der nachbarinsel pemba zusammen das land, das ehemalige sultanat sansibar bildet. aber heutzutage meint man mit unguja und sansibar dasselbe). iddi erreicht man unter iddi03@hotmail.com oder mobil unter +255-748-504373. wegen des ominoesen einreisestempels fuer sansibar braucht ihr euch keine gedanken zu machen, den kann man sich nachtraeglich noch in stone town im hafen holen, da stellt keiner dumme fragen. UEBERNACHTEN arusha: da wir im hotel "spices & herbs" mit ziemlicher wahrscheinlichkeit vom management selbst beklaut wurden, moechten wir euch davon abraten!!! deshalb haben wir fuer arusha keine empfehlung. - pangani: im "river view inn" gibt es billige (4000 shilling, ca. 3 euro) und saubere zimmer ohne bad, gut, wenn man nachts die dhau nach sansibar nehmen will, die gegenueber dem hotel ablegt. - nungwi (sansibar): das "union beach ressort" hat ganz schoene haeuser mit je zwei zimmern (fuer 20 dollar die nacht, incl. bad und fruehstueck), direkt am strand. das essen ist gut und deutlich billiger als im "zentrum" von nungwi, nur sind die jungs, die den laden schmeissen, nicht die schnellsten und gewitztesten. also geduld, wenn ihr etwas bestellt! wer tropenstrandromantik haben will, sollte lieber am kendwa beach 3 km suedlich vom nungwi beach ins "les toits de palme" gehen. die gemauerten huetten (mit bad) kosten 30, die palmhuetten (ohne bad) 15 dollar pro nacht mit fruehstueck. das ganze liegt direkt an einem wunderbaren strand, mit haengematten zwischen palmen, ohne jeden rummel, hat absolut thailand-qualitaet, so schoen kann man in nungwi nicht wohnen. wir haben's leider zu spaet entdeckt und sind dann nicht mehr umgezogen. - stone town: um die ecke vom eingang zum hafengelaende ist das "malindi guest house", ein tolles altes sansibarisches stadthaus mit schöner einrichtung, 30 dollar fuers DZ mit bad und fruehstueck auf der dachterrasse, mit blick ueber die "stone town landungsbruecken". allerdings riecht man den fisch auch. telefon: +255-(0)24-2230165, malindi@zanzinet.com. - jambiani (sansibar): wir waren hier zwar nur auf einen wein auf unserem vespa-ausflug, aber das "oyster hotel" ist definitiv zu empfehlen. gehobene entspannungsklasse, ganz ruhig, direkt am strand, endloser blick hinters riff, DZ kostet 50 dollar, aber alles sehr schoen gemacht. es gibt sogar einen grossen buchtauschschrank mit diversen deutschen schmoekern. guten, nicht den ueblichen fuerchterlichen strandthrillern und pilchergurken. telefon: +255-(0)741-333125. - dar: das holiday hotel ist solide, schlicht und sauber, im zentrum gelegen, man kann zu fuss zu verschiedenen restaurants gehen. das DZ mit bad kostet 12000 shilling, ca. 9 euro, und im ersten stock gibt es einen hoehergelegenen innenhof. telefon: +255-(0)22-2112246, jamhuri street. -SAFARIS allem touribusiness zum trotz, das ziel in arusha ist klar: serengeti, ngorongoro-krater, lake manyara, tarangire national park. es ist der hammer und das geld wert. das problem ist nur, die richtige safariagentur zu finden. alles bieten mehr oder weniger dasselbe, oder soll man sich einen eigenen jeep mieten? wer daran denkt, sollte bedenken: pro person und tag muss man unabhaengig von essen, automiete und sprit 50 dollar veranschlagen, 30 fuer die taegliche parkgebuehr und 20 fuer die uebernachtung auf einem zeltplatz. gemessen daran sind die billigsten touroperator mit 80 - 100 dollar pro tag und nase nicht ganz so teuer. angebote um die 75 sollte man mit vorsicht geniessen, denn da wird am sprit gespart, und das bedeutet: kuerzere game drives. wer selbst faehrt, kann weniger sehen, weil er sich um die schlagloecher kuemmern muss. also dreht nicht jeden pfennig um und stellt euch lieber hinten in den jeep und lasst einen anderen fahren. es lohnt sich wirklich. wie findet man den richtigen tour operator? plant einen tag ein, um euch in arusha umzuhoeren, klappert drei, vier ab, lasst euch das programm beschreiben. unseren operator koennen wir nicht von ganzem herzen empfehlen, weil er uns kaputte zelte und einen unfaehigen guide mitgab (lasi tours, obwohl sie an anderer stelle empfohlen wurden und der manager uns einen teil des geldes zurueck gab). victoria safaris/tours hatten wir auch gecheckt, die machten einen vernuenftigen eindruck, grosser laden, sehr professionell. aber hoert euch mal um. *** malawi ALLGEMEIN was fuer ein tolles land! das entspannteste auf der ganzen afrikaroute. die visa sind, ihr glaubt es nicht, umsonst und werden an der grenze in den pass gestempelt. UEBERNACHTEN nkhata bay: keine frage, die njaya lodge ist der beste backpacker weit und breit. tolle lage, vom felsen vor der huette kann man morgens in den malawisee springen, den einzigen in ostafrika ohne bilharziose, von der terrasse kann man abends phantastische gewitter ueber dem mosambikanischen ufer geniessen, alles ist super organisiert, die leute unglaublich freundlich und hilfsbereit. die DZ-huette ohne eigenes bad kostet 10 dollar, es gibt auch teurere chalets mit bad. telefon: +265-352342, email: njayalodge@compuserve.com. bilder unter: http://www.africanet.com/njaya/
welcome.htm
- fahrt hin und bleibt! - monkey bay: auch hier ist der fall klar, "venice beach" ist ein wunderbares guesthouse direkt am strand, james, der manager, ist aeusserst hilfsbereit, kein nerv, keine mutwillige dauerparty und eine grandiose landschaft. das haus ist noch nicht ganz fertig, aber mit der chilloutebene im ersten stock schon jetzt schwer erholsam. DZ ohne bad 10 dollar. wenn ihr in monkey bay ankommt, ob mit boot oder bus, fragt irgendjemanden und die leute werden euch hinbringen. - blantyre: das "doogle's" is the place to be. mit 2235 kwacha (ca. 16 euro) pro DZ (im gartenbungalow, mit bad) etwas teurer als in malawi ueblich, aber nicht schlecht fuer eine grossstadt. pool, bar und garten sind dabei, leider ist die musikauswahl nicht immer so gelungen.telefon: +265-621128, email: doogles@africa-online.net, website: http://www.doogleslodge.com MIT DEM BOOT UEBER DEN MALAWISEE die "ilala" faehrt jede woche einmal den malawisee von chilumba im norden nach monkey bay im sueden und wieder zurueck. route und fahrplan findet ihr hier: http://www.malawi-travel.com/eng/
transfers-boat.shtm
. die fahrt von nkhata bay nach monkey bay dauert ca. 40 h (montag abends bis mittwoch mittag) und kostet auf dem erste-klasse-deck 61 dollar pro person, in der economy-klasse nur 14 dollar. auf dem deck gibt es allerdings eine bar, gestelle fuer haengematten, korbsessel, freie sicht und viel frische luft. das lohnt sich.

 

No stop till Kyela
kyela, 2.2.2005

Nicht, dass hier etwa alle luegen wuerden. Nein, sie drehen sich die Wahrheit bloss staendig so zurecht, wie sie sie gerade brauchen koennen und erzaehlen dir, was du gerade hoeren moechtest. Der Non-Stop-Expressbus von Mbeya nach Kyela erweist sich dann auch mal wieder als ein ausgelutschter, zerjuckelter Minibus, der gnadenlos mit Frachtgut und Passagieren vollgestopft wird. "Oh no, just three stops!" hatte uns der Ticketverkaeufer vorher noch vielversprechend zugegrinst. Wer's glaubt, wird selig! So halten wir dann auch an jedem Bastkoerbchen am Strassenrand, um es samt Besitzer in die ueberfuellte Chaise reinzuquetschen. Nach dem dritten Halt haette es dann ja wie angekuendigt non-stop weitergehen sollen. Aber Pustekuchen. Nach dem zehnten Ein- und Auslademanoever am Strassenrand tue ich meine Verwunderung kund. Ich schnappe mir den vermeintlichen Geldeintreiber des Busses und erklaere ihm unmissverstaendlich: "No more stops, otherwiese I get money back!" Mal gucken, was es bringt. Natuerlich ueberhaupt nichts. Denn beim naechsten Stopp steigt mein Gespraechspartner dann aus, winkt mir nochmal freundlich zu und ich stelle fest, dass ich einen Passagier zugetextet hatte. Na, macht auch nichts, hauptsache ich bin's mal losgeworden. Ich drehe mich um und Niels, Dawn und James grinsen sich eins ins Faeustchen. Sie haben es wohl schon vorher gewusst. nach Diktat verreist -dwo

 

im sambia-express
1.2.2005

die halle der tazara railway station in daressalaam erinnert eher an ein flughafen-terminal. ein riesiger wuchtiger bau, vor dem die taxis ueber eine rampe auf der abfahrtsebene vorfahren. wir haben erste klasse gebucht und werden gleich in die lounge komplimentiert. schwarze ledersessel, livrierte kellner mit fliege. augenblicklich verfaellt jeder in diesen diskreten fluesterton. auf dem makellos sauberen bahnsteig wird noch der zug startklar gemacht. einer von fuenf zuegen, die hier in der woche abfahren. mehr passiert auf diesem ueberdimensionierten bahnhof nicht. wie auf ein unsichtbares zeichen hin springen ploetzlich alle auf und dann eilen hunderte aus der halle auf den bahnsteig. woldo und ich haben zwei plaetze in zwei verschiedenen waggons bekommen. getrennt nach maennern und frauen. kann das wahr sein? ich rede auf eine schaffnerin ein, wir wuerden gerne einen platz tauschen. kommt ueberhaupt nicht in frage, sagt die frau, es sei denn, sie mieten ein ganzes abteil (und zahlen noch mal zwei tickets). der ton erinnert mich schwer an alte reichsbahnzeiten im berlinzug durch die DDR. aus den lautsprechern in den abteilen plaerrt inzwischen eine bruellend laute ansage. ein sambier schimpft auf tansania. "alles chinesischer mist." der zug ist tatsaechlich in china gebaut, und die sambia-linie stammt noch aus den zeiten des tansanischen sozialismus-experiments. dann finden wir einen englaender, der kurzerhand seinen platz mit uns tauscht. wir holen tief luft und lassen uns in eins der sofas in der bordbar fallen. ja, richtige sofas, gar nicht so schlecht, der chinesische mist. die fenster sind geoeffnet, das castle lager ist kuehl und laeuft gut, waehrend draussen eine tropische landschaft vorbeirauscht. da, eine giraffe knabbert an einem baum neben dem bahndamm, und da, gleich fuenf giraffen. wir rauchen eine zigarette an der offenen tuer und sehen paviane im gras neben den gleisen sitzen. zum ersten mal seit luxor in aegypten wieder in einem zug, es ist grossartig, noch ein castle, und noch ein schnack mit anderen travellern. abends gibt es fisch und reis, serviert von uebellaunigen kellnern, und durchs fenster dringt das laermen von froeschen und insekten aus der nacht herein. das reisefieber hat uns wieder gepackt. -nbo

 

Ebony & Ivory
31.1.2005

Stickige Hitze schlaegt uns entgegen, als wir in Daressalaam an Land gehen. Die naechtlichen Regenguesse haben die Stadt in eine dampfemde Sauna verwandelt. Jeder Schritt treibt mir das Wasser aus den Poren und hinterlaesst dunkle Spuren auf meinen Klamotten. Ich schwitze nicht, nein, ich bin Schweiss. Nachts liege ich wach, die Luft klebt. Der Deckenventilator durchsaebelt die feuchte Hitze und laesst und laesst dicke Scheiben auf uns runterklatschen. In mir dreht sich alles, meine Gedanken zentrifugieren unter meiner Schaedeldecke, waehrend ich versuche, meine bisherigen Eindruecke von Afrika zu sortieren. Doch alles ist ueberladen und schwammig, die Luft, die Nacht, meine Gehirn. Draussen tobt wieder ein Sturm, der Regen prasselt auf die benachbarten Metalldaecher, die Voegel in ihren Kaefigen auf den Balkonen kreischen hysterisch. Fragen rauschen mir durch den Kopf, waehrend ich auf die kreisenden Rotorblaetter starre und die Unordnung immer groesser wird. Was habe ich mir voin dieser Reise versprochen, ein klareres Bild ueber diesen Kontinent, Erkenntnis oder einfach bloss eine Erfahrung? Hier in diesem Teil des afrikanischen Kontinents passt nichts zueinander. Solange Weisse hierherkommen, sind diese per se immer an allem Schuld. Und solange in Afrika die Kinder schwarz geboren werden, wird die Hautfarbe als Generalentschuldigung benutzt, fuer alles, weil es so schoen praktisch ist. Womit sie dann auf der Benachteiligungsskala ihrer Meinung nach ganz oben stehen. Ich frage mich, was wir hier eigentlich zu suchen haben. Ich komme mir hier ohnehin eher wie ein ungebetener Eindringling vor, denn als ein willkommener Gast. Was wuerde mit Afrika passieren, wenn sie die Tueren zum Westen fuer die naechsten 10 Jahre dichtmachen, um erstmal mit sich ins Reine zu kommen, ungeachtet der westlichen Massstaebe. Ist es dafuer vielleicht schon zu spaet? Der allgegenwaertige Rassismus in diesem Teil des Kontinents richtet sich allerdings nicht nur gegen die weisse Uebermacht, selbst innerhalb der einzelnen Laender sind sich die Staemme gegenseitig nicht gruen. In Aethiopien koennen sich die achtzig verschiedenen Staemme nicht als gemeinsames Volk fuehlen, in Kenia schlachten sie sich gar gegenseitig ab. In Tansania hat man sich darauf geeinigt, das gesamte Land dem Tourismus zum Fressen hinzuwerfen. Das bringt Ruhe in die 120 Staemme, weil so jeder etwas abkriegen kann. Political correctness wird hier jedenfalls nicht praktiziert und wirkt als westlichen Verstaendigungskonstrukt auch deplaziert. Nach 15.000 Kilometern, Sonnenbraenden und Mueckenstichen, die nicht mehr auf einen einzigen Koerper passen, bin ich keinen Zentimeter weitergekommen in meinem Wunsch, Afrika besser zu verstehen. Aber wahrscheinlich kann das auch nur, wer hier geboren wurde. Und zwar schwarz. nach Diktat verreist -dwo

 

snapshot #5 (double snapshot)
stone town, 30.1.2005

noch 30 minuten bis sonnenuntergang. auf der terrasse des africa house, des ehemaligen british club von sansibar, ist der baer los. 300 meist gestylte leiber luemmeln sich in schweren barsesseln, stehen am terrassengelaender, reden, schreien, lachen. alle stuerzen bier oder cocktails hinunter. sehen und gesehen werden, fleischbeschau, es ist wie eine mischung aus bar rossi und strandperle (fuer die nichthamburger: eine schickibar und "das" strandcafe an der elbe). nach monaten on the road im nahen osten und in ostafrika ist das fast ein kulturschock. ueberfluessig zu erwaehnen, dass sich ausser den kellnern kein sansibari in diesem sundowner-gelage tummelt. es ist der neue tourismus-kolonialismus, mit dollarscheinen in der hand, der die britischen kolonialherren von einst beerbt hat. szenenwechsel, 500 meter entfernt, 30 minuten nach sonnenuntergang: die forodhani-gaerten an der uferpromenade von stone town. zwanzig garkuechen bieten alles, was der indische ozean an leckerem herzugeben hat. riesige krebse, hummer, fische in allen groessen... sansibaris bummeln mit kind und kegel an den staenden entlang, es ist wochenende, zeit zum flanieren unter den ausladenden baeumen des gartens. wir setzen uns mit einer "zanzibar pizza" (ei, zwiebeln, hackfleisch in einer teigtasche frittiert) und tintenfisch an einen der plastiktische. ein aelterer sansibari spricht uns an und wundert sich, dass wir von den bevorstehenden wahlen gehoert haben. seit wann interessieren sich touristen fuer politik? wir fragen ihn nach dem tourismus und der kriminalitaet. der schurke kommt vom festland, stellt sich heraus. "die" tansanier seien es, die hier in stone town touristen ueberfallen und an den straenden das grosse geld machen. die doerfler wuerden selten zum zuge, wenn die inselregierung konzessionen fuer neue ressorts vergebe. das klingt nicht sehr begeistert. all is not well in zanzibar. -nbo

 

lustiges vespa-gestuemper in sansibar
stone town, 30.1.2005

mit 17 habe ich davon getraeumt, eine vespa zu haben. 20 jahre spaeter sitze ich zum ersten mal auf einer. und das geht fast in die hose. der typ vom motorradverleih erklaert mir kurz die gangschaltung und zeigt mir die ersatzzuendkerze. wie? woher weiss ich, wo dieses teil hinkommt, wenn der motor seinen geist aufgibt? ich sitze zum viertel mal im leben auf einem moped, und die hatten alle automatik. die ersten vier startversuche wuerge ich alle ab, unter allgemeinem gelaechter der umstehenden sansibares. woldo laesst sich davon nicht erschuettern. dann zockeln wir im ersten gang wie eine schildkroete los. an der ampel kurz vor unserem guesthouse - wir haben die sonnenbrillen vergessen - saeuft das geraet zweimal ab, als die ampel auf gruen springt. das wird ja lustig. mit 20 kmh schleichen wir aus der stadt. es dauert keine fuenf minuten, da winkt uns der erste polizist an den strassenrand. ich versuch mit der handbremse am lenker das ding zum stehen zu bringen. bloede idee, denn auf der seite ist auch der gaszug, und die vespa macht einen satz wie ein wildgewordener bulle, anstatt zu stoppen. 20 meter weiter halten wir dann irgendwie. "careless driver, careless driver", sagt der bulle in seiner strahlend weissen uniform, und ich sehe schon die dollarzeichen in seinen augen aufblitzen. wir ergehen uns in blumigen erklaerungen, aber ich muss leider zugeben, dass ich keine ahnung hatte, dass diese kleine schwarze pedale da unten die fussbremse ist. immerhin sind unsere papiere alle in ordnung. dann muss ich unter den strengen augen des polizisten probebremsen. es klappt, und wir schwoeren stein und bein, die vorsichtigsten fahrer ueberhaupt zu sein. fast habe ich am ende den eindruck, als koenne sich der mann das lachen nur muehsam verkneifen. und tatsaechlich wuenscht er uns eine gute und sichere (!) fahrt. zehn kilometer ausserhalb von stone town meistere ich dann den zweiten und den dritten gang. mit 50 kmh knattern wir jetzt durch eine prallgruene gartenlandschaft. wir werdern noch dreimal rausgewunken. denn jeder bulle hier hofft, dass er einen mzungu findet, der seinen internationalen fuehrerschein nicht mit hat. das bringt schliesslich das extracash zum mageren gehalt. aber da inzwischen auch das bremsen klappt, kommen wir immer durch. als wir am spaetnachmittag von der ostkueste zurueckkehren, hat sich alles entspannt. zwei polizisten auf dem nachhauseweg winken uns freundlich zu und wir winken zurueck. die insel hat feierabend, die strassenhaendler und bauern schlendern in ihre doerfer zurueck. zum ersten mal ist sansibar einfach nur friedlich und echt. als wir schon wieder in stone town sind, werden wir ein letztes mal rausgewunken. "woher kommen sie?", fragt der weissgekleidete. "aus paje", antworten wir wahrheitsgemaess, das ist der ort an der ostkueste. "wie viele jahre sind sie schon in sansibar?" "was?" "wie viele jahre?" fragt er noch mal. "8 tage", sagen wir, und dann muessen wir alle lachen. er hatte eigentlich nur "from germany" hoeren wollen. -nbo

 

Malindi Landungsbruecken
Stone Town, 29.1.2005

Viele verwegene Geschichten spinnen sich um Stone Town, der "Hauptstadt" Sansibars. Und alle koennten wahr sein. Diese Stadt ist ein ueberdimensioniertes Piratennest mit unzaehligen verwinkelten Gaesschen und undurchdringlichen Gesichtern. Dazu die alten Bauwerke aus der Kolonialzeit, ein Schmelztiegel der arabischen, afrikanischen und europaeischen Kulturen. Ueberall werden Kraueter und Gewuerze feilgeboten und natuerlich Fisch. Durch unser Guesthouse im Stadtteil Malindi, direkt am Hafen, weht der wohlbekannte Duft von Fischbuden, da wir fuehlen wir uns Hamburg schon wieder ein Stueckchen naeher. nach Diktat verreist -dwo

 

on the road again
stone town, 28.1.2005

als wir heute morgen aufwachen, ist klar: die zeit in nungwi ist um. genug banana boat cocktails in willie's bar, genug doesende koeche im union beach ressort. als wir zahlen, streiten wir noch kurz um zwei angeblich unbezahlte biere, die laengst auf der abrechnung stehen, und freuen uns um so mehr, weiter zu ziehen. im staubig-schmuddeligen dorf hinter der strandkulisse steigen wir in ein dala-dala nach stone town. eine offene pritsche mit zwei notduerftig gepolsterten baenken. aber es gibt kuehlenden fahrtwind, die einsteigenden doerfler gruessen uns mit einem "jambo" ohne dollar-gedanken, und als die palmen und mangobaeume am strassenrand vorbeifliegen, fuehlen wir uns "on the road again". SwahiliWorld faellt zurueck, schoen war's dort, keine frage, aber ein kraft-auftanken in einer zwischenwelt. -nbo

 

Idylle hoch 10
Nungwi, 27.1.2005

Hier ist Dollar-Country und wenn ueberhaupt die Landeswaehrung akzeptiert wird, ist alles mindestens 10mal so teuer, wie auf dem Festland. Der alljaehrliche Urlaubstraum hat seinen Preis und das wissen die Sansibaris gut fuer sich zu nutzen. Die Insel hat sich kommplett dem Tourismus verschrieben, die Zukunft ist gesichert, dank TUi & Co. Die eigenen Traditionen wurden laengst ueber Bord geworfen und duempeln irgendwo im tuerkisblauen Wasser. Fast wundert es mich, dass ich ueberhaupt nass werde, wenn ich ins Wasser gehe und nicht einfach nur ein Loch in der blauen Leinwand hinterlasse und mich am Set-Buffet wiederfinde neben verdutzen Beleuchtern und Buehenarbeitern. So gut, wie es die Natur mit dieser Insel gemeint hat, grenzt es schon an Unertraeglichkeit. Kilometerlange feinste Sandstraende gesaeumt mit Kokospalmen, tuerkisblauestes Wasser, ein vorgelagertes Riff. Verschwenderisch schoen, zu schoen fuer meinen Geschmack. Wie bei einer Wackelpostkarte warte ich staendig darauf, dass das Blatt sich wendet und die Insel mir ihre getarnte Fratze zeigt. Trotz der uebernatuerlichen Schoenheit kann ich mich hier nicht entspannen, zu gross ist mittlerweile das Misstrauen gegenueber den Einheimischen. Jeden Tag eine neue Horrorgeschicht von Diebstaehlen, Ueberfaellen auf Touristen oder gefakten Trinkwasserflaschen. Die Inszenierung des Paradieses kann mich mal, ich will auf den Arm. nach Diktat verreist -dwo

 

sonnige tage in SwahiliWorld
nungwi, 26.1.2005

der koch ist eingeschlafen. sein kopf liegt auf der tischkante, die bestickte kappe daneben. eben hat er noch in meinem economist geblaettert. aber er ist schon wieder muede, vielleicht noch immer, es ist vormittag, noch hat niemand lunch bestellt. die restliche belegschaft des union beach ressorts doest im schatten zwischen den baeumen. draussen im meer sammeln frauen im seichten wasser der ebbe sardinen. ein fischerboot segelt in der ferne vorbei. frieden. die idylle in nungwi ist perfekt und doch irgendwie verstoerend. da ist zum beispiel dieses fitnessstudio eines italienischen edelressorts auf einem pier im meer, in dem uebergewichtige europaeer im angesicht des sonnenuntergangs auf laufbaendern traben. masai rennen als strandwaechter in ihren roten roben rum und haben ultracoole sonnenbrillen auf. dazwischen fehlt etwas: etwas magisches, inspirierendes. die fischerboote am strand sind malerisch, ja, aber sie wirken wie eine dekoration, in der afrikanern nachempfundene roboter so tun, als ob sie fische fangen. nungwi ist so glatt wie "westworld", jener roboterbestueckte ferienpark aus dem 70er-thriller mit yul brynner, in dem sich westler glueckliche tage in einer 23-grad-welt kaufen koennen (das thermostat ist allerdings kaputt, es ist mindestens fuenf grad zu heiss). der reale nungwier ist anfang zwanzig und fischt hoechstens noch nach guten deals mit touristen. morgens kommt er aus dem dorf in die kulisse der huetten und bungalows am strand und sagt staendig "karibu" (willkommen), aber es klingt wie "karibu, dollar". in seinen augen kann ich nichts entdecken ausser dem appetit auf das dollarland. das leben an der swahilikueste war gestern. er traeumt davon, hip zu sein, abends mit den touristen in cholo's strandbar zu trinken. teil der ewigen party zu sein, fuer die die westler herkommen, weit weg von afrika, das irgendwo hinter dem meer, hinter dem horizont im westen liegt. tag fuer tag vergeht, alle gleich schoen und auch ein wenig belanglos, gedanken verebben am korallenriff. nachts heisst es "schoener traeumen mit lariam" (dieser hammerchemikalie von einem malariamittel), ich lande in new york, um eine lederjacke zu kaufen, die ich schon habe, kann aber keine passenden schuhe finden... morgens wache ich auf vom flapflap des ventilators und fuehle mich seltsam benommen. draussen bahnt sich laengst wieder die hitze der tropen an. ich bin grundlos beunruhigt in dieser perfekten SwahiliWorld, in der alle nur ihren spass haben wollen, die die welt vor mir verbirgt. auch die idylle nagt an mir, ich will endlich das afrika finden, das ryszard kapuscinski in "afrikanisches fieber" so grossartig beschrieb, das kurz im rift valley, im samburuland, aufschien und dann wieder verschwand. ich glaube, ich will hier wieder weg. -nbo

 

Koepfchen in das Wasser...
Nungwi, 25.1.2005

Wir gehen schnorcheln und werden morgens wir mit einem Boot zum Atoll vor Mnemba Island gebracht. Diese Insel, ein Privat-Resort fuer Steinreiche, darf nur derjenige betreten, der pro Uebernachtung 500 Dollar hinblaettert. Alle durchschnittlich Begueterten duerfen allerdings vor ihrer Kueste im seichten Wasser planschen. Wir stuerzen uns in die Fluten und finden uns wieder zwischen Myriaden von Fischen. Sie sind um, ueber und neben uns und kommen neugierig an uns heran. Ich fuehle mich wie ein schwebendes Teilchen in einem Fisch-Mobilee. Unsere T-Shirts haben wir vorsorglich anbehalten, um einen Sonnenbrand auf dem Ruecken zu vermeiden, die Poeter gucken allerdings ungeschuetzt aus dem Wasser, und das anderthalb Stunden lang. Diese langanhaltende feuerrote Erinnerung auf unseren Sitzflaechen spueren wir noch, als wir fuenf Tage spaeter auf der Faehre zum Festland sitzen, und wie! nach Diktat verreist -dwo

 

Die Huefte von Zimmer 12
Nungwi, 22.1.2005

Abgestumpft wie eine Krankenschwester nach langjaehriger Taetigkeit bringe auch ich langsam kein Mitgefuehl mehr auf. Ich gucke mir die Leute hier an, diagnostiziere eine Mentalthrombose und lasse sie dann mitten in ihrem Touri-Blabla einfach stehen. Sollen sie doch lieber andere Gehoergaenge fluten. Bei mir gibts gerade nichts mehr zu holen. Zum einen, weil wir ohnehin bereits mutwillig unserer Barschaft entledigt wurden, und zum anderen ist mein Goodwill-Pensum mittlerweile erhebllich ueberschritten ist. Es haben sich unterwegs schon zu viele daran bedient. Jetzt wird erstmal an mich gedacht und zwar volles Programm. Sansibar, here I come. Tuer zu, die Afrikakophonie draussen lassen und Feierabend! Gutenachtschwester. nach Dikatat verreist -dwo

 

bacardi-feeling, oder: urlaub vom reisen
nungwi, 22.1.2005

nach wochen im innern ostafrikas ist es jetzt erst mal genug mit all den reise-erfahrungen. am strand von nungwi auf unguja (in europa bekannt als sansibar, das in wirklichkeit der name einer ganzen inselgruppe ist) ist fuer die naechsten tage schwerstes abhaengen angesagt, lesen, durchatmen, ein wenig nachdenken, kraft fuer die vierte etappe sammeln. ja, und wir muessen euch leider sagen, dass das wetter hier phantastisch, das wasser tuerkis ist, die fischgerichte grandios sind... morgen mittag, am sonntag, wenn die sonne fast unertraeglich knallt, werden wir fuer euch die letzten eintraege vervollstaendigen. es ist wirklich einiges passiert in den letzten 10 tagen.

 

mit der dhau nach sansibar
20.1.2005

nachts um kurz vor drei klopft iddi, der "schiffsmakler" von pangani, an unsere zimmertuer. wir schnappen unser gepaeck und gehen runter zum fluss, durch halden von kokosnussschalen. in der dunkelheit wartet die dhau, die schon am abend vorher prallvoll mit fruechten beladen worden ist. unsere passage nach sansibar. wir klettern an bord, die hosenbeine werden nass, als wir durchs wasser waten. die milchstrasse leuchtet und eine einsame neonroehre hinter uns im ort. die crew schiebt das boot in den fluss und setzt das segel. kein lufthauch blaeht den stoff. langsam, ganz langsam treiben wir mit der ebbe aus der flussmuendung in die bucht. keiner redet. es gibt nichts zu sagen. nur das rauschen von wellen, die in der ferne auf eine sandbank schlagen, ist zu hoeren. rechts ueber dem segel steht das kreuz des suedens, hinter uns der grosse wagen. einer aus der crew schoepft wasser aus dem bootsrumpf. zusammengekauert hocken wir mit leo achtern am ruder, auf dem letzten flecken, der nicht mit mangos, bananen und holzkohle beladen ist. vor fuenfhundert jahren kann es nicht anders gewesen sein. irgendwann, spaeter, beginnt sich der himmel vor uns aufzuhellen. wir sind hoechstens fuenf kilometer vorwaerts gekommen. noch immer kein wind. woldo zeigt hinter sich ins meer, ja, ein delphin begleitet uns gemaechlich. grauschwarz taucht sein koerper aus den glatten fluten auf. der anbrechende tag zaubert die wildesten wolkengebilde an den himmel, wie in alten gemaelden von seeschlachten. ich sehe hasen, elefanten und riesen, die vorbeieilen. sansibar ist noch nicht in sicht. die seeleute wechseln sich mit dem wasserschoepfen ab. eine erste leichte brise, wir nehmen fahrt auf. wechseln ein paar worte mit der crew, die kein englisch spricht, auf kiswahili. "kuna upepo kidogo", es gibt nicht viel wind. zustimmendes lachen. im morgenlicht tauchen weitere segel am horizont auf. eine grosse dhau auf dem weg von tanga nach stone town kreuzt dicht hinter uns. das meer ist tiefblau, alles ist perfekt, nur der kaffee fehlt. einer aus der crew summt leise ein lied, die anderen doesen. die sonne steigt hoeher, erscheint ueber den wolken, der wind kommt und vergeht doch wieder. in der crew entspinnt sich ploetzlich eine diskussion, lauter und immer lauter, unterbrochen von kurzen lachern. wer schreit, hat recht, auch hier. ich lausche dem angenehmen klang des kiswahili, schnappe ein paar zahlen auf, die ich wiedererkennen kann. dann verfallen alle wieder in schweigen und ergeben sich in die heraufziehende hitze. ein schluck mineralwasser, eine mango, ein zigarette, das ist unser fruehstueck. doch dann, endlich, tauchen am horizont die ersten palmen von sansibar auf, und wind dazu, jetzt geht es voran, ein wenig gischt spritzt, die dhau schaukelt durch die langen, flachen wellentaeler des indischen ozeans. der strand von nungwi kommt immer naeher. wir zahlen den rest unserer passage und nach neun stunden landet die dhau am korallenstrand. einigen touristen fallen in ihren beach-ressort-liegen die augen aus, kameras klicken, als wir da wie aus einem anderen zeitalter von bord ins tuerkise wasser springen. wir setzen uns in den sand und koennen es kaum glauben - wir sind in sansibar. waehrenddessen hat die crew das boot schon wieder zurueck ins meer geschoben und nimmt kurs auf die kleine nachbarinsel tumbatu. wir hingegn sind mit in der bacardiwerbung angekommen. -nbo

 

endlich am meer
pangani, 18./19.1.2005

als wir schwitzend wie die berserker aus dem rumpelbus von tanga nach pangani aussteigen, ist es schwuelheiss. vorbei das angenehme sommerwetter des hochlands. aber da hinter den palmen, da ist das meer. der indische ozean, von dessen wueten wir erst tage spaeter erfuhren, weil wir in nordkenia aus der welt waren. stuerzen ein kuehles bier hinunter, die friedliche bucht im blick. nicht mehr viel los in der einst geschaeftigen hafenstadt an der swahilikueste. heute ist die flussmuendung des pangani river teilweise verlandet, und die schiffe fahren nach tanga, 50 kilometer weiter noerdlich. der ort ist eines dieser heissen, verschlafenen nester, auf die levi-strauss' ausdruck "traurige tropen" perfekt passt. ja, die flussmuendung hat etwas von dieser beklommenheit aus joseph conrads "heart of darkness". hier ereignet sich nichts. alle, auch die einheimischen, schwitzen dumpf vor sich hin. dann und wann legt eine dhau nach sansibar ab. schlanke boote mit dreieckigen segeln, die schon seit jahrhunderten diesen teil des indischen ozeans befahren. aber gerade dieses aus-der-welt-sein ist nach nairobi und arusha eine wohltat. die leute laecheln verhalten, und wenn wir ein paar wort kiswahili stammeln, strahlen sie sogar. niemand will einem etwas verkaufen. in der ortsdisco, der pangadeco bar hinter dem strand, droehnt abends der reggae. so laut, dass wir uns mit mr. iddi und mr. sekibaha anschreien muessen. iddi hat uns eine dhau-ueberfahrt nach sansibar vermittelt. draussen auf der strasse taenzeln ein paar panganier, die sich keinen drink leisten koennen. mr. sekibaha hat ploetzlich eine philosophische anwandlung und erzaehlt von der notwendigkeit eines neuen weltbildes fuer das 21. jahrhundert, von einem schriftsteller namens bruno vogelmann, streift die deutsche kolonialgeschichte ("when they built the railway to the hinterland", ja er sagt wirklich hinterland), regt sich ueber die atombombe als fehlgriff der westlichen wissenschaft auf. der rest seiner gedanken geht in den reggaebeats verloren. ich habe das gefuehl, das gerade wieder eine etappe zuende geht. rift valley, wuesten, savannen liegen hinter uns. jetzt kommt die kueste. -nbo

 

Im Schwitzkasten
Pangani, 18.1.2005

Der ueberschwenglich angepriesene Full Luxury Bus inklusive Videomonitor entpuppt sich mal wieder als das uebliche afrikanische Klappergestell: ein ausrangierter Volvo oder Isuzu, der irgendwo ausserhalb Afrikas gerade noch vor der Schrottpresse geretten werden konnte. Die Sitze sind mit Plastikfolie ueberzogen, so dass man waehrend der sechs Stunden dauernden Fahrt durch klammes subtropisches Klima auch ordendlich ins Schwitzen kommt. Kurz vor der Abfahrt kriegt Niels ein Kind. Der Busfahrer drueckt ihm ein anderthalbjaehriges Maedchen auf den Schoss, dass bei seiner Mutter keinen Platz mehr gefunden hat, weil da schon seine dreijaehrige Schwester sitzt. Mit diesem zusaetzlichen Schwitzkissen im Arm heizen wir mit halsbrecherischen 120 Sachen ueber die Landstrasse von Arusha nach Tanga an die Kueste. Waehrend der gesamten Fahrt geben die beiden Krollenloeckchen auf den Schoessen keinen einzigen Mucks von sich, kein Weinen, kein Gequengel, nichts. Wie kann das sein, frage ich mich. Sind sie wirklich so grundzufrieden? Oder sind sie vielleicht bereits von kleinauf durch das Getragenwerden im Haengetuch auf dem Ruecken der Mutter, zur Bewegungslosigkeit verdammt, auf Ausharren konditioniert? Wenn ich mich in den Reihen der Erwachsenen umschaue, scheint mir Letzteres gar nicht so unwahrscheinlich. Was werden diese beiden Maedchen in zwanzig Jahren wohl machen? Haben sie ueberhaupt ueberlebt, haben sie Aids, wie so viele Afrikanerinnen? Wo werden sie leben, in welchem Land? Was ist die afrikanische Zukunft? In Tanga angekommen wartet dann bereits der Bus nach Pangani. Gleiches Modell, nur dreimal so voll. Es wird gestanden, voll bis zum letzten Quadratzentimeter. Wir werden reingeschoben und aufgefordert, weiter nach hinten durchzugehen. Aber wohin denn, es ist doch alles schon brechend voll? Das haelt den Busfahrer allerdings nicht davon ab, noch zusaetzlich jeden Wartenden am Strassenrand mitzunehmen, der Bus platzt aus allen Naehten. Dann und wann huscht mal etwas warmer Fahrtwind durch die geoeffneten Fenster, es ist bruellend heiss. Jeder schwitzt aus allen, ihm zur Verfuegung stehenden Poren. Meine Nase zu tief in der strengen Achselhoehle des Haltsuchenden neben mir, hoffe ich instaendig bei jedem Halten, dass diesmal doch bitte jemand aus- anstatt einsteigen moege. Auf den klitschnassen Gesichtern neben, um und an mir sehe ich wachsende Ratlosigkeit. Auf den Platz- und Frischluftmangel hingewiesen, antwortet der Busfahrer bloss: " I know, but what can we do about it?" Ja, das ist eine gute Frage! Afrika, was meinst Du dazu? nach Diktat verreist -dwo

 

afrikanische krankheit
arusha, 17.1.2005

viele loewen, elefanten, gnus, zebras und sogar zwei nashoerner liegen hinter uns. ja, serengeti und der ngorongoro-krater waren grandios. aber nur die natur. was wir in den letzten paar tagen an trostlosem miterlebt haben, werden wir euch in den naechsten tagen genau schildern. das afrikanische fieber waechst sich im moment zu einer ernst zu nehmenden krankheit aus. morgen brechen wir auf in richtung sansibar, von dort dann mehr. wir fuehlen uns im moment echt ruhebeduerftig.

 

Die Hure Arusha
17.1.2005

Stolz haelt sie ihre Nase in den Wind vom benachbarten Mount Meru. Arusha ist sich ihrer Wichtigkeit fuer Tansania allzu deutlich bewusst, hier starten alle Safaris in die Serengeti und Touren zum Kilimanjaro. Geradezu hochmuetig kommt sie daherstolziert und gibt sich selbstsicher auf dem grossen Tourismusparkett. Doch schaut man ihr unter den Rock, wird einem schlecht. Marodes Gekroese, zerfressene Innereien, es stinkt erbaermlich. In ihrem offenen Unterleib haben sie sich eingenistet, die Kanalratten und Scheisshausfliegen. Auf den Strassen ist man nach Einbruch der Dunkelheit ihr gefundenes Fressen, sogar Einheimische bevorzugen selbst fuer die kuerzesten Strecken ein Taxi. Keiner vertraut keinem, jeder bezichtigt den Naechsten der eigenen Hinterhaeltigkeit. Der Charme dieser Stadt ist laengst auf der Strecke geblieben, Korruption und Kriminalitaet regieren den Alltag. Eines sollte die rotznasige kleine Cousine Nairobis allerdings noch lernen: wenn man bei den Grossen mitspielen will, muss man ihre Regeln beherrschen. Und wenn man mogelt, dann bitte so, dass es keiner merkt. Verwundert denke ich an Belinda und Jens, die hier demnaechst ein halbes Jahr verbringen wollen. Sie sollten gezinkte Karten und mindestens ein Pokerface im Gepaeck haben, toitoitoi. nach Diktat verreist -dwo

 

cluedo in arusha
17.1.2005

shit happens, und heute hat es uns erwischt. 200 dollar bargeld, die restlichen reiseschecks und mein handy sind perdu. gestohlen aus dem zimmer unseres ach so ehrenwerten hotels "spices & herbs" in arusha. kein aufgebrochenes tuerschloss, keine eingeschlagene fensterscheibe. der dieb kam mit dem schluessel, waehrend wir im ort unseren rueckflug von kapstadt nach hamburg organisierten. wir liegen im bett und koennen doch nicht einschlafen. wer koennte es gewesen sein? alle sind verdaechtig. war es die frau an der rezeption, die schwoert, den ganzen nachmittag bei den schluesseln gewesen zu sein, die in einem koerbchen an der bar liegen? ihre nonchalance, mit der sie unsere entdeckung aufnimmt, macht sie verdaechtig. war es die schuechterne putzfrau, der wir idiotischerweise gesagt hatten, sie moege heute bitte nicht putzen, weil wir nach der safari unseren kram im zimmer verstreut haetten? ihre schuechternheit macht sie verdaechtig. koennte ja gespielt sein. war es der hotelmanager, der uns allen ernstes erzaehlt, er habe den gast aus zimmer 2 verdaechtigt und vorsorglich schon mal dessen gepaeck durchsucht, aber da seien unsere sachen nicht drin gewesen? wenn das nicht verdaechtig ist. oder war es die hotelbesitzerin selbst, die unsere geschichte am abend mit augen, kalt wie stein, anhoert? sie gehoert zur upper class von arusha, spaetestens seit sie das essen fuer das grosse bill-clinton-dinner vor einigen jahren hier in der stadt organisiert hat. auch sie ist verdaechtig: kurz bevor nachmittags die polizei kommt, rauscht sie im jeep heran, eilt an die rezeption, um eine grosse tasche zu holen, und braust wieder davon, ohne uns, die opfer und ihre gaeste, eines blickes zu wuerdigen. erst letzte woche ist ein angesehener geschaeftsmann aus arusha als kopf einer grossen, hier ansaessigen gang verhaftet worden. vielleicht war es aber auch der ewig laechelnde und leicht unterbelichtete kellner, in dessen zimmer unser gepaeck waehrend der safari "in sicherheit" gewesen sein soll. zeit genug hatte er ja, um sich an den vorhaengeschloessern unserer rucksaecke zu ueben. verdaechtig, einfach verdaechtig. aber es ist wie frueher, als wir als kinder "cluedo" gespielt haben. ich hab's nie geschafft, den taeter zu ueberfuehren. gewonnen haben hier immer die anderen. -nbo

 

darwin im krater
ngorongoro, 16.1.2005

das "survival of the fittest" ist die wohl wichtigste wissenschaftliche entdeckung des 19. jahrhunderts und wird uns schon in der schule als das grundprinzip allen lebens eingetrichtert. fressen und gefressen werden. so richtig vorstellen kann man sich das als europaeer aber nicht, der raubtiere nur aus dem zoo kennt. und so abstrakt macht es sich dann gut in all dem wirtschaftspolitischen gequatsche der gegenwart. wenn es einen ort auf der welt gibt, wo einem die trostlosigkeit und brutalitaet dieses prinzips klar wird, ist es der ngorongoro-krater in nordwesttansania. tausende von tieren leben auf dem fast baumlosen boden dieser riesigen, millionen jahre alten caldera, die einen durchmesser von bestimmt zehn kilometern hat. pflanzenfresser, fleischfresser, ob mit hoernern oder ohne hoerner, mit reisszaehnen oder nur mit kauleisten - fuer kein tier gibt es hier eine moeglichkeit, um dem tod ein schnippchen zu schlagen. zebras stehen seite an seite, mit den koepfen in entgegengesetzte richtungen, um die kraterebene ganz im blick zu haben. gazellen stapfen hypernervoes durchs gras, durch das der tod schleichen kann. die ganze existenz besteht nur aus fressen und auf der hut sein. kein blick in die phantastischen wolkenformation ueber dem kraterrand, kein innehalten ueber die schoenheit dieser landschaft, nur ein stumpfes sein bis zum exitus, der schon heute nacht, vielleicht auch erst morgen mittag in der prallen sonne kommen kann. der kraterrand pfercht alle zusammen zu einer gemeinschaft, aus der es kein entkommen gibt. in der es keinen fortschritt gibt, weil alle energie ins fressen und nicht-gefressen-werden fliesst. ich hatte zwar noch nie etwas fuer sozialdarwinistische argumente uebrig. aber erst hier im krater wird mir klar, wie primitiv die zeitgenossen sind, die im "survival of the fittest" irgendeine inspiration fuer die probleme des menschlichen zusammenlebens sehen. soll darwin im krater bleiben, in der zivilisation hat er nichts zu suchen. -nbo

 

zwischen komoedie und farce - ein geschaeft mit wilden tieren
serengeti, 14./15.1.2005

wer in arusha ankommt, will wilde tiere sehen. alle dort wissen das. serengeti und ngorongoro-krater sind das kapital der zweitgroessten stadt in tansania. nirgendwo auf der welt muss man so wenig tun, um die wahrzeichen afrikas zu praesentieren. das einzige problem ist: wie bekommt man die touristen in seinen wagen, wenn sich 200 safari-agenturen um sie balgen? erste moeglichkeit: versprich ihnen alles. zweite moeglichkeit: verpack die tour in eine tolle huelle. die zweite klasse der safaris schlaeft in einem campingzelt, die erste in einem luxuszelt mit bettgestell oder gar in einer klimatisierten lodge. das ist aber auch der einzige nennenswerte unterschied, obwohl die erste klasse das zwei- bis vierfache bezahlt.. als wir an der olduvai-schlucht (wo die leakeys in den 30ern einige urmenschenschaedel entdeckten) mittagspause machen, tummeln sich gut und gerne 15 safarigruppen an derselben picknickhuette. masauda, unser koch, gibt uns unsere lunchpakete. huehnchen, obst, einen muffin, ein saftpaeckchen, brot, all das ist in einer tupperbox eingepackt. dabei macht er ein gesicht wie ein gepruegelter hund. seit wir losgefahren sind, fragen wir uns, ob er eine lachmuskellaehmung a la silvester stallone oder einen todesfall in der familie hat. aber sein handwerk versteht er, das essen ist gut. eine safarigruppe der ersten klasse gesellt sich zu uns. jeder hat eine schicke pappbox mit dem logo der safari-agentur in der hand. das macht mich neugierig. vorsichtig lunze ich den khakigekleideten ueber die schulter. ueberraschung! in pappbox ist exakt dasselbe drin wie in unserer tupperbox. immerhin wird dazu eine flasche rotwein rumgereicht. dann schau ich mir all die wagen auf dem parkplatz an. fast alle sind toyota landcruiser. einige ganz teure agenturen wie abercrombie & kent packen ihre kunden in schlichte minibusse. als wir spaeter am parkeingang der serengeti ankommen, tuermen sich bereits die markenlunchboxen der ersten klasse zu muellhaufen. da lob ich mir die budget-tupperbox. dann brausen wir alle in unseren wagen durch die weite grasebene richtung camp oder lodge. am naechsten morgen treffen wir uns alle wieder, denn es gibt in der serengeti keine wege erster oder zweite klasse. irgendjemand hat leoparden in einem baum gesichtet, und in windeseile spricht sich die neuigkeit zwischen den fahrern herum (unser entpuppt sich als besonders blind, er muss immer anderswo nachfragen). als wir am leopardenbaum ankommen, sind wir der fuenfte jeep, zehn minuten spaeter draengeln sich dort 23 wagen, um die meisterjaeger der nacht zu sehen. artikel 1 der serengeti: vor dem leoparden sind alle touristen gleich. es gibt keine erste reihe. so wiederholt sich das spiel tag fuer tag. wo loewen und andere raubtiere sind, bildet sich im nu ein jeepauflauf, den man kilometerweit sehen kann. nach einiger zeit erkennt man die gesichert wieder, die aus den dachluken der wagen herausschauen. ein abenteuer entgeht der ersten klasse allerdings: die naechtliche geraeuschkulisse rund ums zelt. mitten in der nacht weckt dich ein grunzen, ein grasrupfen, ein schnaufen, so klar, dass es nur wenige meter neben deinem kopfkissen sein kann. dann sind die bueffel, elefanten und nilpferde ins camp gekommen und grasen zwischen den zelten. zartbesaitete machen den rest der nacht kein auge mehr zu. andere drehen sich zufrieden im schlafsack um, weil sie fuer augenblicke teil der wildnis geworden sind, fernab der behueteten westlichen zivilisation. kein grund zur panik, denn wenn es etwas gibt, worum sich die tiere der serengeti einen dreck scheren, dann sind es diese seltsam riechenden touristen. -nbo

 

Strassenstrich Serengeti
13./14.1.2005

Die Kindheit des Masaijungen endet mit der Initiation. Er wird beschnitten und dieser schmerzhafte Eingriff mit weisser Gesichtsbemalung und schwarzer Kleidung dokumentiert. Dann darf er sich drei Monate nicht waschen, bevor er, wie seine maennlichen Stammeskollegen, seinen Koerper mit rotem Schurz und Schultertuch bedeckt. Die Frauen tragen blau. Der Dorfaelteste weist dem dekorierten Masaijungen einen Platz an der Strasse zu, wo er sich von nun an fuer vorbeifahrende Touristen in Pose zu werfen hat. Ein Stueckchen weiter hat ein aelterer Kollege Sitzdienst, er hat es besser getroffen als der neben ihm Stehende, der heute Speerschicht schieben muss. In unbequemer Haltung verrengt er seine Arme, um damit auf den Schultern seinen Speer zu balancieren. Der Gartenmasai verharrt dagegen in der Hocke und streichelt den Boden. Und wenn ein Tourist auf die Idee kommen sollte, von diesem zugegebenermassen sehr huebschen Motiv etwa ein Foto schiessen zu wollen, wird er mit fuenf Dollar zu Kasse gebeten. Mich beschleicht das Gefuehl, in ein riesiges Kostuemspektakel geraten zu sein. Ausverkauf der Traditionen, Hauptsache die Knete stimmt. Der Westen hat mit seinen Touristenstroemen bereits Einzug gehalten in diesen so urspruenglich scheinenden Winkel der Welt. Warum sonst stehen die Doerfer der Masai, ein Nomadenvolk, seit Jahren an den selben Stellen neben der Hauptroute vom Ngorongoro Krater in die Serengeti? Vor neurigen Blicken abgeschottet durch einen Bretterzaun. Zahlt man hingegen dreissig Dollar Eintritt, wird einem Einlass gewaehrt. Ein teures Open-air Museum, dem ich mich verweigere. Kommt der Deko-Masai dann von seiner Strassenschicht nach Hause, wirft er wahrscheinlich erstmal seine laestige Arbeitsklamotte ab, schmeisst sich in T-Shirt und Boxershorts und holt sich ein eisgekuehltes Bier aus dem Keller seiner Hightech-Huette. Dann setzt er sich vor seinen Rechner um per email mit seinem Kollegen im Kaokoveld in Namibia zu kommunizieren, wo er seine naechste Saison zu absolvieren hat. Einzig die Tiere in der Serengeti scheinen kein Interesse daran zu haben, mit einem Ticket per Flieger nach Uebersee verfrachtet zu werden. Sie sind nicht kaueflich, entweder stehen sie im richtigen Moment oder eben nicht. Ob Dollar oder Euro, sie machen keinen Unterschied, Touristen schmecken alle gleich. nach Diktat verreist -dwo

 

ab in die serengeti!
arusha, 13.1.2005

kaum sind wir in tansania angekommen, da melden wir uns schon wieder ab. wir gehen tiere gucken, die big 5, im ngorongo-krater und in der serengeti. das ist ein absolutes muss, wenn man hier unten ist. am sonntag, 16.1., sind wir wieder in arusha. dann berichten wir euch, ob die safariromantik noch existiert oder alles ein gut organisiertes business ist.

 

 

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