ein paar tips zur sudan-durchquerung
11.12.2004

TRANSPORT hier die nord-sued-variante: von aswan, aegypten, ueber den nasser-stausee mit der faehre nach wadi halfa, (198 EP, ca. 25 euro fuer die deckklasse). dauert incl. beladen 28 stunden. faehre legt in aswan jeden montag ab, ist also dienstags gegen 15, 16 h in wadi halfa. von dort mit einem truck-bus, entweder ueber atbara direkt nach khartoum, ca. 28 h, durch die wueste kacheln, ticket kostet ca. 20 euro. oder dem nil folgen ueber dongola, was landschaftlich toll sein soll. wir konnten es wegen zeitdruck nicht machen. von khartoum mit dem bus nach gedaref, ab khartoum land terminal, dem brandneuen modernen busbahnhof im sueden der stadt, fuer ca. 8 euro pro ticket. el gailani ist eine neue busgesellschaft und waermstens zu empfehlen. sensationeller service. in gedaref angekommen, fahrt man mit einem taxi fuer 600 dinar (ca. 1,70 euro) zum markt. dort nimmt man fuer 1000 dinar (ca. 3 euro) einen truck nach gallabat, dem ort auf der sudanesischen seite der grenze (zwillingsort auf der anderen seite ist metema). das dauert 5 stunden und ist eine abenteuerliche, aber landschaftlich phantastische strecke. --- UEBERNACHTEN wadi halfa: im nile hotel, sehr basic, aber unglaublich urig. nach der faehrfahrt ein paradies. 700 dinar pro person und nacht in mehrbettzimmern oder im hof, wenn's zu heiss ist. - khartoum: fuer 38 $ das doppelzimmer entweder im falcon hotel, geradezu stylisch, vor allem nach den bustruckfahrten (cunt mukhlis/baladiya str., 00249-11-772195) oder im el salahwi fuer ca. 10 $, ebenfalls in downtown. internetzugang gibts im meridien hotel fuer 500 dinar (2 $ die stunde).

 

Tausche Abitur gegen Sport-BH
11.12.2004

Afrika, 42 Grad, die Sonne brennt. Perfekter Halt dankt 3-Wetter-Taft. Schoen waer's. Die Fortbewegungsmittel werden abenteuerlicher. Wir sind in Gedaref umgestiegen vom Luxus-Bus auf die Pritsche eines LKWs und werden "zu Fuss" gefahren in Richtung aethiopischer Grenze. 4 Stunden soll die Fahrt dauern, fuer 180 km. Stehend wohlgemerkt, zusammengepfercht zwischen 35 weiteren Passagieren und landwirtschaftlichem Geraet. Durch zerfurchte Pisten, die ihren Namen nicht verdient haben. Ein Schlagloch nach dem anderen. Bloss nicht die Knie durchdruecken, dann wird man zur Stange und kann die Stoesse nicht mehr abfedern. Den Klammergriff haben wir zwar schon auf der letzten Bustour perfektioniert, aber der nuetzt uns wenig. Die Fliehkraft reisst dich vom Boden, das gesamte Gewebe deines Koerpers in staendiger Auf- und ABwaertsbewegung. Ich fuehle mich wie in einem Dauerbelastungstest fuer IKEA-Schubladen. Die beiden kichernden Maedchen im Basthuettchen am Marktplatz von Gedaref wollen mich vor der Abfahrt noch schminken, aber ich erklaere ihnen durch Hochhalten meiner Sonnenbrille, dass es keinen Sinn macht, mir die Augen schoen zu machen. Na gut, dann rauchen wir eben eine zusammen. Ich bin baff, die ersten rauchenden Frauen seit der Tuerkei. Ueberhaupt sind die Frauen hier in Afrika ein eigenes Kapitel. Nicht nur, dass sie groesstenteils wunderschoen geschnittene Gesichter haben, sie sind auch erstaunlich selbstbewusst und offen. Eine Wohltat nach der maennerdominierten arabischen Welt. Nach 5 Stunden auf dem Ruettelbrett, uebersaet mit blauen Flecken und Schuerfwunden und Gesichtern wie Bergarbeiter kommen wir am sudanesischen Grenzort an. Das muss man sich mal vorstellen: Herr der Ringe Teil 1+2 stehend und durchgeschleudert. Im Stockdunklen passieren wir die aethiopische Grenze. Heute nacht kann ich ueberall schlafen, hauptsache in der Waagerechten, geduscht wird morgen. nach Diktat verreist -dwo

 

sudan-transport mal anders
11.12.2004

es geschehen zeichen und wunder. der bus, wir heute morgen besteigen, ist ein nagelneuer mercedes-reisebus. die busgesellschaft el gailani muss von einem reichen saudi im namen der arabischen bruederlichkeit finanziert sein, anders ist diese luxusfahrt nicht zu erklaeren. el gailani habe "good service", sagen die leute am ebenfalls brandneuen busbahnhof von khartoum, der eher einem flughafen gleicht. sie haben recht. wir bekommen kaffee, ein fruehstueck, cola, saft und kekse. waehrenddessen gleiten wir sanft abgefedert durch die landschaft richtung suedosten. und siehe da, auch hier aendert sich etwas. die oede ebene weicht einer freundlichen gruenen huegellandschaft, die staedte bestehen aus runden lehmhuetten mit strohdach, sind auf einmal sauber und gepflegt. gedaref, wo wir aussteigen, ist geradezu malerisch im vergleich zum nordsudan. gutgelaunt besteigen wir mittags am rande des marktes von gedaref einen truck nach gallabat. unsere letzte etappe bis zur aethiopischen grenze. ein sudani vor mir hat auf seinem hemd stehen "one life - live it" stehen. wir wahr, denke ich, als wir durch die heisse savanne losruckeln. -nbo

 

und wieder raus aus dem sudan
khartoum, 10.12.2004

seit drei tagen sind wir nun im sudan. ehrlich gesagt, reicht uns das schon. nicht dass hier etwas vom krieg in darfur zu spueren waere. aber irgendwie ist das land nicht gerade heiter. selbst die strecke von atbara am nil entlang nach khartoum, die schlussetappe unserer busfahrt, war oede. und atbara (kleinstadt mit 60.000 einwohnern) eine ebenso trostlose ansiedlung von haeusern in der wueste wie die hauptstadt khartoum. ich haette nicht mal lust, eine andere provinz zu erkunden, selbst wenn wir zeit genug haetten. morgen fahren wir richtung gedaref, um dort einen truck an die aethiopische grenze zu finden. -nbo

 

ein afrikanischer moloch
khartoum, 10.12.2004

was fuer eine schrecklich stadt. ein lehm und beton gewordenes nichts am zusammenfluss von weissem und blauem nil. ueberall sieht es aus wie nach einem bombardement. brachflaechen, hausskelette, bei denen man nicht weiss, ob es unfertige neubauten oder ruinen sind. im industriegebiet vor khartoum warten ziegenherden mit ihren hirten zwischen fabriken auf was auch immer. am nilufer in der innenstadt langweilen sich grimmige soldaten vor ministerien. kein cafe, keine promenade. als wir uns auf eine bank setzen, um auf den traurigen nil zu schauen, werden wir weg gescheucht. hinsetzen nicht erlaubt. je 40 kilometer in alle vier himmelsrichtungen erstreckt sich dieser platte drittweltmoloch von der innenstadt. 1977 lebte hier 1 million einwohner, heute sind es 2 oder 3, niemand hat mehr nachgezaehlt. die innenstadt ist ebenso amorph wie die vorstaedte, auch hier seitenstrassen aus schutt, bankgebaeude von undefinierbarem architekturstil, die eine oder andere ziege. das klingt vielleicht ganz cool, es ist aber trostlos. der freundlichkeit der sudanesen tut das allerdings keinen abbruch. ein spaesschen, ein lachen, und wenn man nicht weiter weiss, hilft jemand (ausser soldaten, die sollte man meiden). nach omdurman, dem einzigen offenbar etwas aelteren und gewachsenen stadtteil, gehen wir mit unserem muskelkater nicht. es ist zu heiss, wir sind zu kaputt. guesthouses gibt es in khartoum nicht, fuer die paar verirrten rucksackmenschen lohnt das nicht. das billigste doppelzimmer kostet 38 dollar (ist aber auch wirklich in ordnung). die NGOs tummeln sich im "hotel acropole", fuer 175 dollar die nacht. wir gehen kurz hin, um in ermangelung eines handbuchs ueber den sudan ein paar informationen rauszubekommen. die beiden europaeer, die das hotel leiten, sind ziemlich arrogant. als traveller bist du hier nur pack, erst recht, wenn du noch den staub der wueste an dir hast. alkohl gibt es im ganzen staat offiziell nicht. nur in khartoum duerfen auslaender und vermutlich einheimische oberschichtler in privatclubs picheln. wir muessen uns mit einem alkoholfreien bier nach all den strapazen begnuegen, das uns der eine der beiden acropolisten herablassend anbietet. in einer provinz, lese ich aber in einer kolumne des "sudan monitor" (tageszeitung), haben frauen ein alkoholgebraeu entwickelt, das knallt. sie haben es "internet" getauft, "because it connects you to the world within", wie der kolumnist schreibt. koennen diese frauen nicht den sudanesischen staat uebernehmen? -nbo

 

no sleep till khartoum
9.12.2004

vor vier stunden sind wir in khartoum angekommen - nach einem dreitaegigen gewaltritt von aswan (suedaegpten) aus. 28 stunden auf der nasser-stausee-faehre und dann noch einmal 28 stunden fuer 1000 kilometer (kein witz) im bus durch die wueste. jetzt haben wir einen ganzkoerpermuskelkater, den wir erst mal wegschlafen muessen. die einzelheiten dieser abenteuerlichen tour findet ihr unten. der grund fuer unsere eile war uebrigens, dass die einreisefrist auf unserem aethiopien-visum naechsten dienstag ablaeuft. -nbo

 

Sitzen lernen
8./9.12.2004

Mittags steigen wir in den LKW-Bus nach Khartoum. Wie lange die Fahrt dauern soll, kann uns keiner genau sagen. Die Auskuenfte reichen von 15 Stunden bis hin zu zwei Tagen. Wir freuen uns wie die Koenige, einen Sitz in der letzten Reihe an der Tuer erwischt zu haben. Endlich mal viel Platz fuer die Beine. Doch schon nach 500 Metern werden wir durch ein Schlagloch eines Besseren belehrt. Aus freiem Fall prallen wir auf unsere Sitze zurueck, au Backe! Nicht zum Festhalten, kein Vordersitz, der den Stoss abfaengt. Und das auf einer unausgebauten Huckelpiste, die jedem Motocross-Fahrer das Herz hoeher schlagen liesse. Neugierig werden wir angegrinst, waehrend unsere Gliedmassen in der Luft wilde Kapriolen schlagen, um dann unsanft auf dem Schoss des verdutzten Sitznachbarn zu landen. Voelkerverstaendigung der etwas anderen Art. Zur Belohnung fuer die willkommene Kurzweil bekommen wir in der Pause Zigaretten geschenkt, ein Polizist aus Saudi Arabien uebernimmt gar die Patenschaft fuer uns und schaut bei jedem Halt nach unserem Wohl, laedt uns zum Essen ein und schuettelt dauernd den Kopf. Er kann es selber nicht fassen, worauf er sich bei diesem Trip eingelassen hat. Eine durchschnittliche Fahrt in einem der Ruettel- und Schuettelautomaten auf dem Hamburger Dom dauert fuer gewoehnlich nicht laenger als fuenf Minuten und kostet drei Euro. Aber diese hier dauert nun schon 5 Stunden, quasi unbezahlbar, und wir haben noch nicht mal die Haelfte der Strecke hinter uns. Ich habe schon jetzt das Gefuehl, als wuerde ich auf meinem unteren Rippenbogen sitzen. Die Sitze sind mit 3cm dickem Schaumstoff gepolstert, der den harten Aufprall um nichts schmaelert. Jeder Arzt haette uns schon jetzt ein Schleudertrauma bescheinigt. Wer einmal auf einem Rodeobock geritten ist, kann den Bewegungsablauf in etwa nachempfinden. Hysterisch kichernd klammern wir uns unter unseren Sitzen fest, um zumindest die Flughoehe zu beeinflussen. Im Bus herrscht ausgelassene Stimmung, ausweglos sind alle dem selben Schicksal ausgeliefert. Die drei Jungs aus Kairo einige Sitzreihen vor uns drehen sich zu uns um, winken uns zu und rufen immer wieder "Nil, Nil!" 10 Stunden dauert dieser Ritt jetzt schon, und es ist kein Ende abzusehen. Wir sind gefangen in einer Zeitschleife, die sich minuetlich von Aufprall zu Aufprall wiederholt. Draussen wird es dunkel, und wir reiten weiter durch die Daemmerung. Pause. Teppiche werden ausgebreitet, wir werden von unserem saudischen Paten zum Tee eingeladen und strecken unsere verpruegelten Koerperteile von uns, waehrend sich zehn Meter hinter uns eine Reihe von fuenfzehn Kaftantraeger zu einer Mauer aufbaut. Einer nimmt Anlauf, lueft den Ball ueber ihre Koepfe hinweg in die obere linke Ecke. Tor, Tor!, die Menge jubelt. Nein, falsch. Die Gewandeten gehen hingebungsvoll gemeinsam in die Knie zum Sonnenuntergangsgebet. Sogar auf einer solchen Knueppeltour wird nicht versaeumt, Allah zu danken. Sie haben auch die besseren Plaetze. Weiter gehts stundenlang durch die sternklare Nacht. Ohne weitere Erklaerung wird um zwei Uhr unvermittelt im schwarzen Nichts angehalten. Festgefahren im Sandboden? Einige nehmen ihre Teppiche und Wolldecken unter den Arm und legen sich nach draussen. Jetzt haben auch wir es verstanden, Nachtruhe befohlen. Unvorbereitet auf dieses Nachtlager bleiben wir im Bus und versuchen im 90-Grad-Winkel einzuschlafen. Wenigstens ruettelt es jetzt nicht mehr, dafuer wird mehrstimmig atonal geschnarcht. Neben meinem Ohr hat einer Schnupfen und ich hoere seinen Rotz rhythmisch durch seine Nebenhoehlen blubbern. Keine Chance, so kriegen wir kein Auge zu. Wir steigen ueber Leiber und schlafende Koerperteile aus dem Bus und legen uns mit unserem duennen Deckchen in die klirrendkalte Wuestennacht. Nach zwanzig Minuten kapitulieren wir auch hier. Lieber im warmen Bus doesen, als zaehneklappernd hier draussen zum Eisblock zu werden. Zurueck im Bus gelingt es uns auf wundersame Weise dann doch noch, drei Stunden zu schlafen. Um halb acht heisst es dann wieder Aufsitzen zum 8-stuendigen Schlussritt nach Khartoum. Nach 28 Stunden Busfahrt weiss ich nun auch, was mit dem Wort Sitzfleisch gemeint ist. Ich habe jedenfalls keins mehr. Wo meins einmal war, sind nur noch Schwielen. nach Diktat verreist -dwo

 

zen oder die kunst im bus zu sitzen
8.12.2004

du weisst laengst nicht mehr, wie viele stunden du schon in diesem LKW-bus sitzt. als die sonne am wuestenhorizont unterging, waren es sechs stunden. das ist lange her. jetzt scheinen ein paar sterne durch die halbblinden fenster. im bus herrscht finsternis. als der fahrer endlich die scheinwerfer anmachte, ging die innenbeleuchtung aus. man kann nicht alles haben. bei jeder bodenwelle fliegst du aus dem sitz und landest hart auf deinem hintern. du hast laengst aufgehoert, von einem kuehlen bier zu traeumen. vorhin schweiften die gedanken noch in die vergangenheit, die zukunft, prallten ab und verebbten schliesslich. alles, was geblieben ist, ist dieses rollende schuettelrost, die pure gegenwart. du hast keine beduerfnisse mehr, starrst in die dunkelheit des busses und versuchst, den naechsten stoss abzufangen. keine musik, kein buch, in dessen traumwelten du entfliehen koenntest. hellwach bist du, das reine koerperliche sein, ein leichter schmerz. ja, du bist. und laechelst unbegreiflicherweise. dann zuendest du dir eine zigarette an, rauchst mit deinen sitznachbarn und sprichst ueber fussball. -nbo

 

morgens in wadi halfa
8.12.2004

um sieben uhr bin ich an der haltestelle, an der die busse abfahren sollen. so frueh muesse ich kommen, um eine fahrkarte zu sichern, hiess es gestern am schalter. von wegen. eine handvoll menschen verliert sich hier, die sonne ist noch nicht aufgegangen, sand und plastikmuell treiben im kuehlen wind. eine frau hat ihren kleinen teestand aufgebaut, faechelt dem holzkohlenfeuer luft zu. weihrauch steigt aus der glut auf. ihre konkurrentinnen kommen gerade erst an, und so versammeln sich die ersten versprengten am stand dieser gut aussehenden nubierin. kaffee, tee, kakao, ingwer, hibiskusblueten, milchpulver, weihrauchkuegelchen, sie hat alles. wohin ich wolle, fragt mich einer. nach khartoum. der ticketschalter ist noch zu, sagt er. wir trinken den ersten kaffee, den ersten tee, reden wenig, die sonne geht auf, die anderen nubierinnen beobachten argwoehnisch unsere ausgeschlafene teefrau, um die sich immer mehr wartende scharen. ein aelterer araber gibt mir einen tee aus. die holzkohlen der anderen frauen gluehen noch immer ungenutzt. ein mann aus khartoum beruhigt mich, alles sei hier in "sudan time", sieben uhr kann auch acht uhr sein. wir trinken noch einen kaffee. und was ist mit dem krieg in darfur? der ist weit weg, sagt der khartoumer und laechelt. der platz wird voller und voller, wann oeffnet der ticketschalter, frage ich erneut, nervoes? ach, der ist schon auf, sagt der khartoumer jetzt. mich trifft der schlag, ich renne zu den holztueren auf der rueckseite der baracken, ich habe die falsche im auge behalten. in einem ticketoffice hat sich schon eine menschentraube versammelt. ich draengel mich zum verkaeufer durch, zwei tickets nach khartoum bitte. nur noch ein platz uebrig. mir wird heiss. es ist schon neun uhr. soviel kaffee, tee und warten, um den bus vor der nase zu verpassen? der khartoumer redet jetzt auf arabisch auf den verkaeufer ein, ein ernster blick, ein nachdenkliches wiegen des kopfes, OK zwei plaetze, bitte sehr. wann faehrt der bus, frage ich beim bezahlen. "now" sagt der verkaeufer gewichtig. drei stunden spaeter geht es los. -nbo

 

ein aegyptischer business-fuchs
wadi halfa, 7.12.2004

spaet am abend setzt sich ploetzlich ein alter, staemmiger aegypter in einem schwarze kaftan zu uns, kramt sein englisch hervor und erklaert uns seine geschaeftsidee. seit 20 jahren traeumt er davon, autoersatzteile wie zylinderkoepfe aus deutschland nach aegypten zu importieren, um sie dort fuer das vierfache zu verkaufen. kann man leicht ein visum fuer deutschland bekommen? wieviel kostet ein alter LKW auf einem deutschen autofriedhof? fragen, auf die wir keine antwort wissen. aus drei alten lastern koenne man in aegypten einen neuen machen, erklaert er mit siegerlaecheln. in deutschland seien maschinenteile ja nach einem jahr veraltet, in aegypten dagegen koenne er auch mit vier jahre alten teilen noch ein bombengeschaeft machen. er sei haendler, die araber seien alle gute haendler, fuegt er hinzu. zumindest hat er es in kairo zu einem mercedes und zwei haeusern gebracht. obwohl er gut und gerne 60 ist, treibt ihn immer noch der ehrgeiz, "business" zu machen. aber business allein ist heute nicht alles, ja vielleicht sogar das problem der arabischen laender, denke ich. in zeiten der globalisierung kann technik nicht mehr nur ein importgeschaeft sein. man muss selber entwickeln und weiterentwickeln. daran hapert es offenbar in aegypten, wie ich in der al ahram weekly gelesen habe. der aegyptische maschinenpark ist offensichtlich unglaublich veraltet, ein guter teil duerfte nach westlichen massstaeben als schrottreif gelten. aber solange staaten wie aegypten nur alte technik importieren, weil neue zu teuer ist, werden ihre wirtschaften den technischen rueckstand nicht aufholen koennen. dann fehlen wieder umsaetze fuer investitionen, ein ewiger teufelskreis, aus dem auch maenner vom schlage des sympathischen alten business-fuchs aegypten herausreissen koennen. zum schluss tischt er uns noch eine echte raeuberpistole auf. ja, hitler sei der groesste staatsmann gewesen (das ist an sich noch nicht so ueberraschend, hoert man in dieser weltgegend immer mal). dass die deutschen die atombombe nicht gebaut haetten, habe daran gelegen, dass die USA die deutschen atomwissenschaftler entfuehrt und gezwungen haetten, die hiroshima-bombe zu bauen. "das haben sie noch nicht gewusst, oder?" fragt er uns und freut sich. "da koennen sie von mir noch etwas ueber ihre eigene geschichte lernen." dann verabschiedet er sich und kuesst woldo und mich auf die wangen. wir sind baff. -nbo

 

Endlich in Afrika
wadi halfa, 7.12.2004

Die 28 Stunden auf der Faehre sind ueberstanden und noch immer haengt der beissende Kaesemaukengeruch in der Luft, den wir waehrend der gesamten Ueberfahrt in der Nase hatten. Wen wunderts, bei diesen Fuessen. Aufgesprungene Hacken, in denen bestimmt so einiges nistet. Wahrscheinlich wurden die Nylon-Strumpfhosen ohne Fuessling fuer den arabischen Markt erfunden, denn jede andere mit Fuss waere schon nach dem ersten Tragen hinueber. Neben diesen Fuessen zu schlafen macht nicht allzu grosse Freude. Ihr Geruch treibt einem die Traenen in die Augen, vor allem, wenn man sie als Betthupferl neben den Kopf gelegt bekommt. Dann, im Hafen von Wadi Halfa ist es ploetzlich da, Afrika! Wir haben Glueck und bekommen zwei Betten in dem ueberfuellten Hotel Nil, einem ummauerten Hof mit Lehmhuetten. Dienstags, wenn die Faehre aus Aswan ankommt, ist hier, in der einzigen Uebernachtungsmoeglichkeit im Ort, die Hoelle los. Sogar draussen im Hof werden Betten aufgestellt. Die Klos sind Betonverschlaege mit Pinkelrinne im Boden, alles sehr spartanisch. Aber diese Einfachheit stoert nicht weiter, im Gegenteil, jetzt hats mich gepackt, das afrikanische Fieber. Geschrumpft auf die absolute Beduerfnislosigkeit fallen die Ansprueche der Zivilisation von mir ab und machen einer heiteren Gelassenheit platz. Auf der anderen Seite der Sandpiste, der Hauptstrasse des Ortes stehen einige bunte Plastikstuehlchen neben einem Bretterverschlag, ein fuelliger Kaftantraeger wedelt ueber der heissen Glut der Steine das Fleisch gar. Und richtig, dies ist das "Restaurant", in dem sich alle Hungrigen und Durstigen von der Faehre nach und nach einfinden. Alles bekannte Gesichter und auf nahezu jedem europaeischen dieses heimliche Strahlen. Alle sind geraedert, aber gluecklich. Der afrikanische Kontinent hat soeben begonnen. Zwar sind die Frauen hier auch verhuellt, aber ihre Tuecher sind farbenfroh und elegant. Im Vergleich zu ihren tristen, oft plumpen arabischen Schwestern wirken sie wie buntgewandete nubische Goettinnen. Grazil und anmutig jede ihrer Bewegungen, schuechtern ihr strahlendweisses Laecheln dem Fremden gegenueber. Ihre Haende und Fuesse weich und zart, keine verhornten Hacken und Gesichter mehr. Und selbst wenn ein solcher Fuss mal riechen wuerde, naehme ich es ihm nicht uebel. So gut und fest wie hier, auf einer Stahlpritsche im kargen Lehmhuettchen mit Sandboden, habe ich waehrend der ganzen Reise noch nicht geschlafen. Etre simple. nach Diktat verreist -dwo

 

 

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