ein paar tips zu kenia...
11.1.2005

...endlich! da wir uns nur von nord nach sued durch kenia bewegt haben, koennen wir zur kueste nichts sagen. ALLGEMEIN der grenzuebertritt zwischen aethiopien und kenia ist entspannt, das kenianische visum gibt es fuer 40 euro an der grenze. TRANSPORT in nordkenia gibt es strecken, auf denen keine oeffentlichen busse verkehren. die situation zwischen moyale/grenze und isiolo hat sich aber so weit entspannt, dass man nicht mehr im bewaffneten konvoi fahren muss. auf der strecke moyale - nairobi gibt es wieder linienbusse. TOUREN es gibt hunderte von tour-operatorn in nairobi. lasst euch nichts aufschwatzen: im masai mara park gibt es erst ab august wirklich viele tiere zu sehen, wenn die tierwanderung aus der serengeti (ein kreislauf) hier ankommt. am jahresanfang ist eine tour im masai mara park quatsch. absolut empfehlenswert ist der 10-taegige "turkana truck" von gametrackers (von nairobi zum turkanasee und durchs rift valley nach nairobi zurueck, route: www.gametrackersafaris.com/tourdetails.
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, +254-20-222703, info@gametrackersafaris.com). kosten: 550 dollar fuer die tour plus 110 dollar eintrittsgelder fuer nationalparks, pro nase natuerlich - aber das ist das geld wert. wer von aethiopien kommt, kann am dritten tourtag in marsabit dazu stossen. wir haben dafuer einen tourpreis von 460 dollar ausgehandelt, plus 57 dollar fuer die parks (mt. kenya und samburu fallen weg, die werden an den ersten beiden tagen angesteuert). alternativ dazu kann man in marsabit auch eine dreitaegige turkanasee-tour auf kamelen bei duba kalicha & sons buchen, fuer 170 dollar. im preis eingeschlossen sind hinfahrt, essen, guide, guard, die kosten fuer die kamele. die rueckfahrt muss separat organisiert/bezahlt werden (zwischen turkanasee und marsabit gibt es keinen busverkehr). ist aber auf jeden fall eine gute alternative, wenn man nicht so eine grosse und damit teure tour wie die von gametrackers machen will. UEBERNACHTEN moyale: alles ganz traurig, was hier geboten wird. augen zu und durch, im wahrsten sinne des wortes. lauft rum und checkt die zimmer, es gibt genug moeglichkeiten, und es ist ja auch nur fuer eine nacht. - marsabit: wir haben im jey jey center gewohnt, das "beste" hotel am platz, nein, so schlecht ist es nicht, die leute, die den laden schmeissen, sind nur etwas lahm und man darf in dem grossen, freundlichen innenhof leider kein bier trinken. telefon: +255-(0)183-2296. DZ mit bad kostet 400 shilling (ca 4 euro). die andere moeglichkeit ist das mt. kenya hotel direkt am zentralen kreisel, wo auch die tankstelle ist. dort steigen auch manche traveller ab (so viele kommen allerdings nicht durch den ort). - nairobi: wir haben im "terminal hotel" (moktar daddah st., telefon +255-20-228817, DZ mit bad 1300 shilling, ca. 13 euro) im zentrum geschlafen, ist OK, aber etwas laut. der vorteil ist, dass man abends auch ohne taxi etwas zu essen oder trinken bekommt. unten ist ein restaurant mit bar (schmuddelig, aber mit atmosphaere) und schraeg gegenueber ist das ziemlich amerikanische, aber angenehme "kengele's". angenehmer scheint das "parkside hotel", auch nicht weit vom kengele weg zu sein (monrovia street, +255-20-333329, duerfte etwas teurer sein). - lake baringo: sehr schoen ist das "roberts camp" direkt am seeufer, wo man auf einer wiese unter ausladenden baeumen zelten kann (350 shilling pro person und nacht) oder in bandas (huetten, fuer 1100 shilling pro person und nacht). nachts schnaufen die hippos beim grasen direkt durch die zeltplane. die bar ist sehr angenehm. telefon: +254-51-851879, www.lake-baringo.com/RobertsCampHome
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die rohe suche nach dem glueck
nairobi, 10.1.2005

ist nairobi die zukunft? ist das die richtung, die der globalisierte kapitalismus nimmt? je weiter wir nach sueden kommen, desto roher erscheint der alltag, desto weiter klafft die luecke zwischen dem blossen ueberleben der vielen und dem teilweise obszoenen reichtum der wenigen. nairobi ist eine kapitalistische metropole im permanenten belagerungszustand. die reichen und die weissen verschanzen sich hinter meterhohen mauern, auf denen unter strom stehender natodraht thront. die gesichter der grossstaedter verraten anspannung, nur selten huscht ein laecheln darueber. jeder versucht hier im zentrum von nairobi, die bitter noetigen shilling zu ergattern. wovon traeumen all die kellner, angestellten, verkaeufer, wenn sie abends in ihren vorstaedten angekommen sind? sehnen sie sich nach den doerfern in samburuland oder kikuyuland zurueck, oder wollen sie weiterkommen auf dem weg zum wohlstandsleben der moderne? als wir abends aus dem kinosaal kommen ("oceans 12" gesehen, sehr gut), haben wir fuer kurze zeit vergessen, wo wir eigentlich sind. wir trinken ein bier an der bar des kenya cinema plaza und reden ueber den film. durch die fenster scheinen die lichter der grossstadt. wie zuhause. dort wuerden wir jetzt aus dem kino gehen, nach hause laufen und unterwegs noch irgendwo fuer einen absacker eintrudeln. aber draussen ist nairobi, nicht hamburg oder amsterdam. der oeffentliche, staedtische raum, jene grosse errungenschaft der europaeischen kultur, existiert hier nicht. wer zeit hat, flaniert nicht, sondern lauert. denn wer zeit hat in einer stadt wie nairobi, ist ganz unten. auf der strasse. im cafe sitzen, sich geschichten erzaehlen oder ueber gott und die welt diskutieren, ist ein luxus, den sich hier niemand leisten kann. nairobi ist business: geld scheffeln, in einem servicejob malochen oder stehlen, es sind nur varianten des rohen rat race, das keinen platz fuer andere lebensentwuerfe laesst. -nbo

 

morgens in nairobi
9.1.2005

"3 gangster gelyncht", lautet eine der schlagzeilen des tages. auf dem lande in kenia wird nicht lange gefackelt. es geht auch ohne polizei und rechtsstaat. ein schauder ueberkommt mich, waehrend ich an einem frischen fruchtsaft nippe. ploetzlich geschrei auf dem buergersteig vor dem cafe in downtown, ein mann rennt vorbei, drei, vier andere sind ihm auf den fersen. "der hat was gestohlen", sagt der kenianer am nebentisch trocken und liest weiter in seiner zeitung. die strasse vor dem cafe geraet in bewegung, ich stehe auf, schaue der meute nach, die jetzt mit jedem meter anschwillt. wachleute kommen aus den eingaengen von banken und laeden und schliessen sich der verfolgungsjagd an. schon haben sich an die hundert passanten in der strassenflucht versammelt, hinter einem querstehenden muellabfuhrlaster ertoenen wuetende rufe und beschimpfungen. vorsichtig bahne ich mir den weg durch die menge, da vorne in ihrer mitte klafft ein loch, umgeben von hasserfuellten gesichtern, die auf den buergersteig starren. ich erhasche einen blick durch die koerper und beine, ein mann liegt am boden, fusstritte prasseln auf ihn ein. einige aeltere maenner und wachleute, versuchen ihn abzuschirmen, aber die menge scheint ausser rand und band. dann schaffen sie es, den verdaechtigen auf die beine zu stellen. er blutet an der stirn. rotz und wasser laufen ihm uebers gesicht. er zittert am ganzen leib, waehrend ihm verwuenschungen entgegenschlagen. dann wird er in einen hauseingang gebracht, und die menge beruhigt sich langsam. nach drei minuten ist der spuk vorbei, und alle gehen wieder ihren geschaeften nach. der vulkan nairobi hat kurz sein wahres gesicht gezeigt. -nbo

 

a taste of nairobbery
nairobi, 8.1.2005

man soll den tag nicht vor dem abend loben. es sind nur wenige hundert meter von der "trattoria" zu unserem hotel. die strassen sind hell erleuchtet, warum ein taxi nehmen? wir vier sind kurz vor unserer strasse, als wir eine meute herumlungernder typen an einer strassenecke sehen. sie sitzen da und machen nichts. wir beschliessen, die strassenseite zu wechseln. woldo und ich sind schon fast drueben, als wir lautes geschrei hoeren. wir drehen uns um und sehen sieben, acht nichtsnutze wegrennen. leos geistesgegenwart, sie so laut wie moeglich anzubruellen, hat sie vertrieben, sie hatten ihre finger schon fast an seinen und an alans armen. geschockt erreichen wir die andere strassenseite. geschockt, weil auch nachts noch genuegend wachleute auf den buergersteigen vor sich hin doesen. die polizei hat die innenstadt offenbar laengst aufgegeben, wie uns die leute im hotel erzaehlen. "solchen halunken legt man am besten einen reifen um den hals", sagt einer und grinst noch dabei. -nbo

 

die grossstadt leuchtet
nairobi, 8.1.2005

ein tolles neues jahr wuenschen wir euch. unseres hat gut begonnen, und nun sind wir nach einer phantastischen tour in nairobi angekommen. ja, diese stadt meint es gut mit uns. wir finden in einem buchladen unseren footprint-reisefuehrer wieder, der uns in aethiopien abhanden kam. es gibt supermaerkte mit joghurt. cafes mit espresso. zeitungen. asphaltierte strassen, hochhaeuser, bars, verkehr, schnelle internetverbindungen, ach eine richtige grossstadt. kein zweifel, nairobi ist die modernste stadt zwischen beirut und suedafrika, mehr noch als kairo. wir geniessen es, wieder in der zivilisation zu sein. unter afrikakennern ist nairobi als "nairobbery" verschrien. tatsaechlich habe ich noch nie so viele wachmaenner pro hektar gesehen wie in dieser stadt. westlands, die vorstadt, durch die wir gestern nachmittag in die stadt reingefahren sind, ist eine sammlung aus festungen, in denen villen stehen. die zukunft des kapitalismus, so sieht sie aus. aber im zentrum laesst es sich aushalten. heute abend gehen wir in die "trattoria", in der salami, schinken, antipasti und parmesan in der theke liegen! ach, wir fuehlen uns gerade sauwohl. und auch nicht zu alt (lest mal moschess bemerkung in den kommentaren, was seine nachbarn ueber uns denken). alan, der neuseelaender, der mit uns auf tour war, ein pfundskerl mit knochentrockenem witz, ist 74 - und faehrt jedes jahr zweimal fuer mehrere monate in die so genannte dritte welt. da sehen doch moschess' nachbarn ganz schoen alt aus. -nbo

 

Von jedem ein Bisschen
7.1.2005

Alles, was piekt und beissen kann, hat es auf mich abgesehen. Ganze Galaxien von Mueckenstichen trage ich mit mir herum. Nicht nur die Muecken finden Gefallen an mir. Als ich mich am Lake Turkana auf die Matratze setze, wird mein nackiger Po von Ameisen innigst Willkommen geheissen, es brennt hoellisch. Unsere Safari-Truppe ist eine bunte Mischung von Abenteuerlustigen: Leo, der 45-jaehrige Architekt aus Holland, seit Konso/Aethiopien unser Reisegefaehrte. Vali, 22 Jahre, Inder, seit seinem 11 Lebensjahr in Australien aufgewachsen, Mathematik- und IT-begeistert, dem sein Studienfach (internationale Finanzen) offensichtlich schwer zu schaffen macht, nach seinen maltraetierten Fingernaegeln und Nagelbetten zu urteilen. Mit Angehoerigen in Nairobi und dem Rest der Welt, natuerlich in den Geschaeftsmetropolen, tuechtig, wie die Inder nun mal sind. Und dann ist da der etwas spurlose Ingenieur Oliver aus Muenchen, 35 Jahre. Frage, konkrete Antwort, Punkt. Seit Oktober ist er im Overland-Truck unterwegs, war schon in Uganda und im Kongo. Zu guter Letzt ist da Alan, der Zorbas aus Christchurch, Neuseeland. Nachdem seine Frau starb, hat er kurzerhand seine Firma verkauft und sich dem Reisen gewidmet. Kein Land, das der 74-jaehrige robuste Ruhepol der Reisegemeinde noch nicht gesehen hat. Es macht Spass, sich mit ihm zu unterhalten. Sein unterschwelliger Humor und wacher Verstand machen Mut fuer das Alter, seine Neugier und Offenheit wuenscht man manchem 30-jaehrigen. Mit diesem internationalen Potpouri verlegen wir unser gemeinsames Silvester vor auf elf Uhr. Sinnlos, bis zwoelf Uhr abzuwarten, in Australien und Neuseeland ist es laengst vorbei und in Deutschland erst in zwei Stunden soweit. Mit handwarmem Bier prosten wir uns am Lagerfeuer ins neue Jahr. Wie ich es vermisst habe, das Zelten in der Wildnis! Sollen sie doch kommen, die Kreuch- und Fleuchtiere, ich bin gewappnet! nach Diktat safari (kisuaheli fuer reisen) dwo

 

im rausch der weite
4./5.1.2005

ganz langsam quaelt sich der toyota landcruiser die geroellpiste vom ufer des turkana-sees herauf. da ist kein weg, nur noch zwei rillen im schotter. irgendwann bleibt er in den steinen stecken, die raeder graben sich bei jedem druck aufs gaspedal noch tiefer ein. sami, unser koch, und ein junge geben dem wagen schliesslich den schubs, um wenigstens zuruecksetzen zu koennen. dann prescht nikos, unser fahrer, den schotterhang hinauf, dass die steine fliegen, und wir stapfen hinterher. eine stunde spaeter haben wir den talkessel des sees hinter uns gelassen. eine turkanafamilie taucht aus den savannenbueschen am strassenrand auf, gestikuliert. ob wir wasser haben, fragen sie nikos. schuesseln und bottiche werden aus dem wassertank des jeeps aufgefuellt. die frauen tragen eine art irokesenhaarschnitt, ihre ohren sind mit grossen ringen behaengt. genantes gelaechter, als wir uns ein paar fotos von ihnen "stehlen". dann fahren wir weiter und sie ziehen ihres weges durch die ausgedoerrte landschaft. durch trockene bachbetten treibt nikos den wagen steile haenge hinauf, immer hoeher, bis wir auf einem pass ankommen. eine atemberaubende landschaft oeffnet sich, endlose geschwungene savannenebenen, eingefasst von schroffen bergruecken. der fahrtwind ist heiss wie ein foehn. nach drei stunden erreichen wir schliesslich tuum, ein dorf am rande eines weiten, flachen tals. vier junge samburus laden unser gepaeck auf kamele, die wuetend bruellen und lieber an den baeumen knabbern wuerden. dann setzen wir uns im gaensemarsch in bewegung und machen uns auf den weg zu unserem camp. die samburus hinter uns lachen und stimmen irgendwann einen rhythmischen sprechgesang an. der erste singt ein zeile, der zweite uebernimmt, dann der dritte, der vierte. so ziehen wir am fusse der berge durch die savanne. bis baragoi, zur naechsten "stadt", sind es 50 kilometer. leeres land. nicht ganz: manchmal kreuzt eine ziegenherde unseren weg, dann sind es einige kuehe mit dem typisch afrikanischen fetthoecker. unsere samburu-kameltreiber sind ganz anders als ihre muerrrischen zeitgenossen in den traurigen doerfern am turkana-see. sie scheinen keine schlechte laune zu kennen. man hoert sie nur reden und lachen im camp, waehrend sami, der koch, auf dem feuer unser abendessen herbeizaubert. von den haengen hinter dem camp klingen kuhglocken, ziegengemecker und vereinzelte rufe von nomadisierenden samburus durch den fruehen abend. im unterschied zu den "staedten" findet man hier auch keine beckham- oder adidas-T-shirts. die maenner tragen karierte lungis, eine art gewickelte herrenroecke. an die gegenwart erinnern nur die digitaluhren, die unsere kameltreiber zwischen ihren traditionellen armreifen am handgelenk tragen. am naechsten morgen bringen sie uns zur strasse, hinten in der savanne, wo wir wieder auf nikos, unseren fahrer und guide, treffen. dann preschen wir wieder in die endlose weite, waehrend die samburus mit ihren kamelen zurueckbleiben, immer kleiner werden und schliesslich zwischen den baeumen verschwinden. -nbo

 

verbranntes niemandsland
am turkana-see, 2./3.1.2005

du sitzt am ufer eines riesigen sees in einem gemuetlichen korbsofa, die sonne scheint, der horizont ist weit. klingt wie eine afrikanische postkartenidylle. doch es gibt kein kuehles bier, nur warmes mineralwasser, und ein heisser wind schlaegt dir pausenlos ins gesicht. du schwitzt dumpf vor dich hin. der see ist kuehl, aber voller krokodile. kein baum weit und breit, kein boot auf dem see, am horizont tuermen sich nur graue, unheimliche berge auf. das ist der turkana-see im rift valley in nordwestkenia (bis 1975 als rudolfsee bekannt). ein verbranntes niemandsland, in dem einige menschen in trostlosen doerfern das ueberleben meistern. das seewasser ist zu salzig, als dass man damit auch nur einen tomatenstrauch, eine gurkenstaude waessern koennte. die menschen leben in huetten, die wie fragile, uebergrosse graspillen am seeufer stehen. auf einer trockenen landzunge fristet eine der letzten beiden elmolo-gemeinden ihr dasein, ein stamm, von dem nur noch 200, 300 angehoerige uebrig sind. ihre sprache ist bereits ausgestorben, heute sprechen sie turkana. kein baum, der in diesem dorf schatten spendet. zum fruehstueck gibt es in diesem dorf von fischern porridge, zum abendessen stockfisch mit brot. tag fuer tag. nur weihnachten habe es fuer das ganze dorf gemuese gegeben, sagt der junge mann, der uns herumfuehrt. im unterschied zu den anderen staemmen der region, den gabra, turkana, rendile oder samburu, haben die elmolo keine kamele, von denen sie frisches blut abzapfen koennen, um damit ihren vitaminbedarf zu decken. manche kinder haben deshalb verkrueppelte fuesse. john lennon erklingt in meinem kopf. "he's a real nowhere-man, sitting in his nowhere-land, making all his nowhere-plans for nobody." hier ereignet sich nichts, hier fuehrt keine strasse hin, hier enden die staubigen pisten. eine schule gibt es immerhin, aber der unterricht nach den weihnachtsferien kann noch nicht beginnen, weil der lehrer fehlt. wahrscheinlich sitzt er in north horr fest und wartet auf einen truck, der ein paar kisten bier und soda zum turkana-see bringt. "das hier ist nicht kenia", sagt ein anderer mann in loyangalani, dem groessten dorf am ostufer des sees, dessen ende man nicht sehen kann. wie eine grosse, tote meeresbucht liegt er da, ueber die eine steife brise von den bergen herunterkommt. kenia, das ist nairobi, und das ist hier weit weg. eine einzige luxuslodge gibt es seltsamerweise in loyangalani, die einem deutschen gehoert. "der trinkt den ganzen tag whiskey", sagen ein paar jungen grinsend. kann man ihm eigentlich nicht verdenken. auf der suche nach einem KUEHLEN getraenk statten wir ihm schliesslich einen besuch ab und finden ihn auf der terrasse. halb lallend, dabei hessisch klingend, erklaert er uns, die wenigen kuehlen drinks, die noch uebrig seien, muesse er fuer seine gaeste aufsparen. seine zaehne sind gelb wie die eines kamels, ein ekelhafter zeitgenosse, wir hauen schnell wieder ab. dann trinken wir notgedrungen eine ziemlich warme cola in einem kleinen laden auf der hauptstrasse. die hitze nervt. immerhin versinkt die sonne schliesslich hinter den schwarzen vulkankegeln der suedinsel des turkana-sees, und wieder ist ein tag im niemandsland rum. morgen werden die samburu, rendile, turkana und elmolo wieder ihre wenigen ziegen und kuehe im harten, stachligen gras am see weiden lassen, dessen wasserspiegel seit jahrzehnten dramatisch sinkt. irgendwann wird nur eine pfuetze uebrig sein, und dann wird der turkana-see tolkiens mordor an faszinierender trostlosigkeit in nichts mehr nachstehen. -nbo

 

flucht im 4WD
marsabit, 31.12.2004

um drei uhr nachmittags warten wir am hauptplatz von marsabit auf den jeep von gametracker, unserer safari-agentur. zum ersten mal haben wir eine solche tour gebucht, denn den turkana-see auf eigene faust zu erreichen, ist nur etwas fuer ganz hartgesottene. wie diesen deutschen, mit dem ich kurz in der kenya lodge quatsche. er war mir bereits gestern in der bank aufgefallen, in seinem langen indischen anzug mit der ueberlangen kurta, mit seinem bart und der riesenrastawollmuetze. seit 1993 ist er aus deutschland weg, lebt die meiste zeit in indien, kommt nur hin und wieder mal zurueck und reist viel durch die weltgeschichte. jetzt wartet er auf einen truck an den turkana-see. es ist einer dieser augenblicke, in denen wir mit unserer hamburg-kapstadt-route die totalen durchschnittsreisenden in dieser weltgegend sind. es gibt immer einen, der viel, viel verrueckter drauf ist und wirklich auf die harte tour die welt erkundet. dann ist der jeep da, woldo und ich steigen ein, laden leo, unseren reisecompanero, und das gepaeck ein. eine halbe stunde spaeter sind wir im marsabit national park und bauen inmitten des dschungels mit drei weiteren safarikumpanen (alan aus neuseeland, vali aus australien und oliver aus muenchen) unsere zelte auf. nur zwei kilometer vom zentrum von marsabit town entfernt, und doch liegen welten dazwischen. schlagartig entspannt sich woldos gesicht, und das alte strahlen, das afrikanische fieber, leuchtet wieder in ihren augen, das nervenden aethiopier und muffige kenianer in den letzten tagen ueberschattet hatten. jetzt sind wir also auf einer safari, diesem relikt kolonialen reisens. aber schon kurze zeit spaeter, als wir durch den feuchtgruenen wald noch einmal zu den kraterseen fahren, elefanten und wasserbueffel sehen, ist mein letztes unbehagen verflogen. hier koennen wir wieder zur ruhe kommen. das grenzgebiet hat woldo, leo und mich geschafft. mit goodwill allein kann man diesem ansturm von gluecksrittern, nachtkappen und durcheinander nicht standhalten. wir fliehen in die afrikanische natur, vor dem heranschleichenden zynismus und unserer eigenen hilflosigkeit. -nbo

 

snapshot, aber was fuer einer
marsabit, 30.12.2004

auf dem weg zum postamt in diesem muffigen kaff komme ich an einem ulkigen laden vorbei. "best fish'n'chips, pudding around" steht da in weissen lettern auf der blauen hauswand. pudding, ja, was die englaender hier so zurueckgelassen haben. ich hole die kamera aus der hosentasche und schau durch den sucher. mit einem mal hebt wildes geschrei an. "stop", "no photo" prasselt es von allen seiten auf mich ein. ich setz die kamera ab, da ist doch niemand, kein mensch vor der linse. rechts neben dem laden sitzt ein mann auf der veranda und bruellt besonders laut herueber. "warum willst du ein foto machen?" ich nehme keine notiz von ihm, bin ich dem kerl etwa rechenschaft schuldig. doch er gibt keine ruhe. "das ist mein besitz. das geht nicht, ohne vorher zu fragen." wie? ich gehe zu ihm hin. "warum willst du ein photo von meinem laden machen?" fragt er schon wieder. "als erinnerung", antworte ich, "mir gefaellt die beschriftung des ladens." "ist das auch nicht fuer business?" setzt er misstrauisch nach. ich bin verbluefft. was meint er denn damit? "nein, nur fuer mich, ich bin tourist." er entspannt sich immer noch nicht. "woher kommst du? bist du amerikaner oder englaender?" "nein, ich komme aus deutschland." "OK", grummelt er und gibt mir dann die erlaubnis, seinen laden zu fotografieren. und sagt: "britain is a very bad country." -nbo

 

baustelle...
marsabit, 30.12.2004

ich stehe hier in kenias wildem norden im postamt von marsabit an einem von vier internet-terminals, die sich eine einzige modemverbindung teilen. was ihr hier unten seht, ist der versuch, schon mal ein paar eintraege aus der letzten zeit anzulegen. das dauert pro eintrag etwa 6 minuten! aufschreiben werden wir alles in nairobi, der digitalsten stadt ostafrikas, die wir am 7. januar erreichen werden. bis dahin werden wir an einer organisierten safari teilnehmen (habt ihr ganz richtig gelesen). morgen nachmittag um drei geht's hier in marsabit los. euch allen einen guten rutsch!!! -nbo

 

Return of the Dicke Taube
Marsabit, 29.12.2004

Come to where the Mullah is. Come to Muslim Country. Da sind wir wieder, im Land der Freudlosen. Direkt hinter der kenianischen Grenze, im Grenzort Moyale geht es wieder los: es gibt kein Bier mehr, geschweige denn anderen Alkohol. Nur noch Limo, uebrzuckerten Tee und Kaffe aus Tueten. Der internationale Vertrieb von Coca Cola hat ganze Dienste geleistet, in jedem noch so abgelegenen Kaff gibt's Coke oder Fanta. Wir koennen sie aergern, indem wir ihnen erklaeren, dass das Zeug aus Amerika kommt, aus dem Land von George W. Bush. Keiner kann verstehen, dass man Bier auch wegen des Geschmacks trinkt und nicht nur, um sich damit zu besaufen. Ab hier ist's vorbei mit den feingliedrigen schlanken Naturschoenheiten wie im Sudan oder Nordaethiopien. Frau ist wieder baeuerlich plump und unelegant, traegt Schneidezaehne aus Weissgold und verhuellt ihren ungeahnten Charme unter undurchsichtigen Tuechern, auch diese mit Metallfaeden durchzogen. Mann sitzt dagegen stumpf in der Ecke, kaut Miraa, die kenianische Variante des aethiopischen Chat und glotzt nur scheel. Bekommt er doch mal die Zaehne auseinader, versteht man kein Wort, weil er das Zeug als einen dicken, kleingekauten Klumpen in der Backe hat. Vielleicht auch besser so, denn "what's your name" und "where you come from" haben wir wahrlich schon zur Genuege gehoert. nach Diktat verreist -dwo

 

afrikanische Logik
marsabit, 29.12.2004

als wir morgens um sieben an dem platz in moyale ankommen, wo der bus nach marsabit abfahren soll, steht da nichts. der bus sei noch in marsabit. "mechanical breakdown", lautet die begruendung. dann muesst ihr eben morgen fahren, meinen die leute am fahrkartenschalter der busgesellschaft. bloss das nicht. keine stunde laenger in diesem grenzkaff, in dem es bier nur in der "prison canteen" gibt. ploetzlich ist da ein jeep, und ganz schnell eine menschentraube. einer der busleute winkt uns herbei, er hat drei plaetze fuer uns organisiert (natuerlich gegen ein kleines trinkgeld). als leo, unser reisecompanero, beim einladen bittet, doch eine plastikplane ueber die dieseloellache im kofferraum zu legen, wird er uebel angeblafft. vom fahrer, wie sich herausstellt. und schon ist die atmosphaere im wagen vergiftet, den wir mit drei kenianerinnen teilen. unser fahrer ist dermassen uebellaunig, aber gottlob haben wir um zwoelf bereits die halbe strecke und die meisten schlagloecher hinter uns. um viertel vor eins haelt unser fahrer ploetzlich in einer ebene, die mit schwarzen lavabrocken uebersaet ist. die sonne brennt erbarmungslos, es ist unglaublich. der fahrer oeffnet die motorhaube, fummelt an irgendwas im motor herum und macht ein langes gesicht. wir steigen aus. was ist los? "der motor ist zu heiss", sagt er in gebrochenem englisch. mehr nicht. dann holt er einen wasserkanister und beginnt, den trockengefallenen kuehler aufzufuellen. das wasser rauscht durch und pladdert unten wieder raus auf die piste. wie schauen den motor naeher an. alles ist irgendwie geflickt, aus dem zylinderblock quillt durch eine ritze ueberhitztes oel. da stehen wir also. es geht nicht weiter. unser fahrer setzt sich in den staub und starrt in die ferne. als ein truck vorbeikommt, macht er keinerlei anstalten, diesen um hilfe anzuhalten. schliesslich waescht er sich die fuesse und betet auf einem tuch. die richtung von mekka trifft er nicht ganz, aber es ist auch heiss. eine der kenianischen frauen betet ebenfalls. dann passiert wieder lange nichts. woldo verfaellt in die afrikanische starre der ereignislosigkeit, die ryszard kapuscinski in "afrikanisches fieber" so schoen beschrieben hat. auf der rueckklappe des jeeps, im schneidersitz mit geschlossenen augen, stoffwechselt sie im schatten der klappe vor sich hin. nach zwei stunden kommt ein weiterer truck und haelt. der fahrer hat freundlicherweise ahnung, denn es ist ein ueberlandtruck fuer traveller (allerdings ohne tour). in zwei minuten hat er das problem entdeckt. ein schlauch vom kuehler zum motor hatte sich geloest, weil er nur lose aufgesteckt war - ohne flansch natuerlich. uns wird klar, dass unser fahrer keinen schimmer von diesem wagen hat, obwohl er die strecke jeden tag hin und zurueck faehrt. der jeep wird gestartet, der truck entfernt sich richtung moyale und wir fahren weiter. nach einer halben stunde bitten wir den fahrer, noch mal das kuehlerwasser zu kontrollieren. das tut er und wuergt dabei den motor ab. der danach nicht mehr anspringt. kein wunder, da einer der batteriekontakte lose herumschlackert, nur mit einer badelatsche - kein witz - festgeklemmt. mit seinem einzigen werkzeug, einer zange, fummelt er vergeblich an dem kontakt herum. idiotisch. wir muessen den wagen anschieben, damit er anspringt. von da haelt der fahrer alle halbe stunde, um seinen kuehler mit wasser zu besprengen. drei kilometer vor marsabit, unserem ziel, bleibt er dann endgueltig stehen. er wolle seinen motor nicht riskieren. endstation? wir schwanken zwischen sarkastischen lachanfaellen und beschimpfungen, und unser fahrer verflucht uns, weil wir seine ganze bloedheit vor den frauen blossstellen. der typ faehrt tagein, taugaus seinen jeep ein stueck weiter dem exitus entgegen, und ploetzlich packt ihn das risikobewusstsein? der wagen ist nie im leben je gewartet worden, seit er ihn faehrt (hat 370.000 kilometer runter). "that's africa", beruhigt uns eine der kenianerinnen, als wir in den sonnenuntergang, so kurz vorm ziel, starren. "take it easy."

 

master & servant
moyale, 28.12.2004

langsam und schleichend wirst du wieder zum weissen kolonialherren. redest auf eine nachtkappe in einem strassenrestaurant ein, was du essen moechtest. er nickt, behaelt kein wort, und innerlich rollst du schon wieder mit den augen. oder lachst in dich hinein. erklaerst dem typen im hotel, dass das zimmer nicht sauber ist, dass die vollmundig versprochene dusche nur ein rinnsal ist. leo, unser hollaendischer reisecompanero, macht den nachtkappen dieser welt mit subtilem und paedagogischem witz beine. ploetzlich laufen sie, versprechen alles in ordnung zu bringen, weil er in aussicht stellt, ueber den preis reden zu wollen. wir fragen im medina hotel in moyale nach handtuechern, und ein paar minuten spaeter kommt einer mit einem einzigen handtuch. fuer uns drei. erklaert leo, dass gerade kein weiteres da sei, aber morgen bestimmt. aber morgen sind wir schon in marsabit. "can you forgive me?" fragt der hotelscherge leo. was fuer ein satz. das muss man sich mal ueberlegen. "well, I have to think about it", antwortet er trocken, und wir brechen in lachen aus, als der handtuchueberbringer wieder abgezogen ist. man redet am ende in einem tonfall mit den leuten, als ob sie nicht alle tassen im schrank haetten. das ist schon schlimm genug. noch schlimmer ist, dass wir aufgehoert haben, die generation der 20-, 25-jaehrigen ueberhaupt ernst zu nehmen. sonne, schmutz und anstrengung vernebeln dir zuweilen den verstand, und zuletzt ziehst du dich hilflos in die rolle dessen, der das geld fuer alles hat, zurueck. laesst dich in genau diese rolle hineindraengen, die dir die einheimischen ohnehin wegen deiner hautfarbe zugeschrieben haben. wir, die seltsamen "faranji" mit den rucksaecken voller geld, das wir in europa von den baeumen gepflueckt haben. wie kommt man da wieder raus? -nbo

 

endlich in kenia!
moyale, 28.12.2004

da sind wir wieder, vor drei stunden an der kenianischen grenze eingetroffen, nach einer woche im rift valley in suedaethiopien, leider offline - aber wir wuenschen euch allen noch nachtraeglich frohe weihnachten. wir haben oft an euch gedacht und uns vorgestellt, wie es waere, wenn ihr euch ploetzlich an unseren tisch hoch ueber den riftvalley-seen abaya und chamo beamen koenntet. wir hatten trotzdem einen tollen heiligabend. wie das kam und was wir sonst erlebt haben, schreiben wir so schnell wie moeglich auf. hier im grenzland ist es mit dem global village noch nicht so weit her, die internetverbindungen sind sporadisch und grottenlangsam. vorsichtshalber jetzt schon mal einen guten rutsch!

 

die alltaegliche pluenderung
arba minch, 24.12.2004

tief haengt die graue wolkendecke ueber dem rift valley, giesst den nechisar national park zu fuessen unserer hotelterrasse noch einmal kraeftig. als wir mit unserem guide kapo kansa nach dem fruehstueck den steilhang hinuntergehen, kleben uns schon nach wenigen minuten zentimeterdicke schlammklumpen unter den sohlen. die wolken haben aber auch ihr gutes. es ist angenehm kuehl in dem friedlichen wald unten in der talebene, der die beiden seen abaya und chamo von einander trennt. doch von dschungel kann hier keine rede sein. der wald ist stellenweise gelichtet wie deutsche vorstadtwaelder. immer wieder hoeren wir eine axt durchs gruen schallen. einen burschen treffen wir, der in einer baumkrone hockt und einen riesenast abhackt. krachend faellt der zu boden. an den zweigen haengen trauben von dokme, kirschenaehnlichen fruechten. so ernet man hier also obst, anstatt es zu pfluecken, wird kurzerhand der halbe baum umgehauen. wieder und wieder sehen wir frauen schwere brennholzbuendel aus dem unterholz schleppen. als wir nach stunden schwitzend und schnaubend auf dem huegel auf der anderen seite des waldes stehen - mit einem grandiosen blick ueber beide seen -, runzelt kapo die stirn. "da hinten an dem hang fehlen ein paar baeume." jeden tag wird der nationalpark ein wenig mehr ausgepluendert. bis eines tages auch hier in arba minch das tal so kahl ist wie in den meisten teilen aethiopiens, durch die wir gefahren sind. dann werden dort hoechstens ein paar eukalyptusbaeume stehen, die schoen schnell wachsen, aber die boeden entwaessern und auslaugen. auf dem rueckweg durchqueren wir eine riesige lichtung, die von kuehen und ziegen halob kahl gefressen worden ist. die blanke rote erde lugt zwischen weit auseinander stehenden hohen grasbuescheln hervor. die ueblichen wolkenbrueche werden sie eines tages in die seen gespuelt haben. -nbo

 

 

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